Schlafsack, Regenjacke, Wechselklamotten, Helm, Trinkblase und Müsliriegel – bei einer Mehrtagestour müssen Frischluftfreunde so allerlei Equipment mit auf Entdeckungsreise nehmen. Damit die Kilos auf dem Rücken nicht den Spaß an der Natur verderben, ist ein komfortabler und praktischer Rucksack mit optimaler Lastenkontrolle unentbehrlich – sei es beim Wandern im Mittelgebirge, beim Bergsteigen in den Alpen oder auf Pilgerreise in Spanien. Die meisten Trekking- und Tourenrucksäcke, die in der Regel über ein Volumen von 30 bis 70 Liter verfügen, setzen dabei auf ein körpernahes Tragesystem, welches das Gewicht nicht nur auf die Schultern sondern gleichmäßig über den gesamten Rücken und auf die Hüfte verteilen soll. Einen anderen Weg geht das deutsche Familienunternehmen Tatonka mit dem materialreduzierten und belüfteten X Vent Zero Plus Tragesystem. Basierend auf dem X Vent Zero System, das bereits seit einigen Jahren bei kleineren Wanderrucksäcken verwendet wird, kommt die innovative Konstruktion ohne Netzrücken und mit minimaler Auflagefläche seit Anfang 2015 nun erstmals auch bei großvolumigen Rucksäcken zum Einsatz: Für Männer wurde der leichte Tourenrucksack Kings Peak 45 entwickelt und für die Frauen steht als Pendant der Glacier Point 40 in den Regalen.
Wir wollten herausfinden, ob sich mit dem Backpack trotz reduziertem Kontakt mit dem Rücken das Gewicht für eine mehrtägige Tour bequem schultern lässt und die vielfältigen Features auch in der Praxis zu überzeugen wissen. Und so ging das Damenmodell Glacier Point 40 mit uns im Wanderherbst 2015 auf große sowie kleine Reise und durfte dabei sogar 5000er Luft schnuppern.
Tatonka Glacier Point 40: Großes Volumen bei geringem Eigengewicht
Der Damenrucksack Glacier Point 40 aus dem Hause Tatonka ist laut Hersteller ideal für größere Lasten geeignet und soll bei mehrtägigen Wanderungen für höchsten Tragekomfort sorgen. Mit einem Eigengewicht von knapp unter 2 Kilo fasst der Tourenrucksack dabei ein Volumen von 40 Litern. Unterteilt ist der Glacier Point in ein Haupt-, Boden- und Deckelfach, wobei das Hauptfach nicht nur von oben, sondern auch seitlich zugänglich ist. Für zusätzlichen Stauraum verfügt das Modell über eine Fronttasche mit integrierter Helmhalterung sowie einen wasserdichten Schutzsack mit Rollverschluss. On top gibt es eine Wanderstockhalterung, seitliche Netztaschen und eine integrierte Regenhülle. Das eigentliche Highlight ist jedoch das X Vent Zero Plus Tragesystem mit seinen x-förmigen Fiberglasstäben und Gurtbändern, das laut Hersteller dank der geringen Auflagefläche exzellente Belüftung bietet. Es lässt sich auf verschiedene Rückenlängen einstellen, die Schulterträger weisen einen der weiblichen Anatomie entsprechenden Schnitt auf und können individuell angepasst werden. Der üppig gepolsterte Hüftgurt soll für zusätzlichen Komfort sorgen, so dass frau auch mit etwas mehr Gewicht auf dem Rücken unbeschwert durch die Berge wandern kann. Beim Design setzt Tatonka auf kräftige Farben und harmonisches Ton-in-Ton.
Das af Testurteil: Praktische Features und ansprechende Optik, aber nicht für jedes Einsatzgebiet geeignet.
Als wir den Glacier Point das erste Mal in den Händen hielten waren wir zunächst etwas irritiert. Zwar konnten Farbgebung und Design unser Testerherz sofort erwärmen, aber für 40 Liter Volumen wirkte der Backpack doch sehr voluminös. Auch die männlichen Kollegen des airFreshing-Teams konnten sich bei der ersten gemeinsamen Tour eine spitzfindige Bemerkung über Frauen und ihren Hang zu viel Gepäck nicht verkneifen. So recht wollte zunächst niemand glauben, dass der Rucksack „nur“ 40 Liter fasst. Lag das Innenleben aber erst einmal auf dem Tisch, so zeigte sich deutlich, dass der Glacier Point eben keiner von den ganz Großen ist und der Stauraum dementsprechend geringer ausfällt.
Die Aufteilung der Fächer ist praktisch und gut durchdacht. Besonders positiv hervorzuheben sind dabei der seitliche Zugriff auf das Hauptfach sowie der wasserdichte Schutzsack in dem beispielsweise elektronische Gerät wunderbar verstaut werden können. Negativ in punkto Stauraum schlägt jedoch die Regenhülle zu Buche. Diese ist nicht wie bei vielen anderen Rucksäcken im vorderen oder unteren Bereich des Rucksacks integriert, sondern befindet sich in einer nicht komprimierten Hülle im Deckel. Mit dem Regenhüllen-Päckchen ist so leider schon die Hälfte des Fachs belegt. Hier wäre eine anständige Kompressionshülle unserer Meinung nach ein sinnvolles Feature gewesen. Ebenfalls begrüßenswert wäre zudem eine am Hüftgurt platzierte kleine Tasche zum Verstauen von Wertsachen, Kamera oder Taschentüchern. Insgesamt ist der Aufbau des Rucksacks angesichts des kleinen Volumens für unseren Geschmack etwas zu hoch geraten. Gerade bei anspruchsvolleren Touren mit kleinen Kletterpassagen wird es in Kombination mit dem weitestgehend kontaktlosen Tragesystem daher schnell etwas instabil. Auch das Deckelfach ist etwas störend, wenn man den Kopf weit in den Nacken legen muss.
X Vent Zero Plus Tragesystem – hop oder top?
Zum viel gerühmten Tragesystem X Vent Zero Plus fällt unser Fazit gemischt aus. Obwohl wir über viel Erfahrung mit verschiedensten Rucksacktypen verfügen, dauerte es doch ein wenig länger bis wir das System perfekt auf unseren Rücken angepasst hatten. Bei unserer ersten Tour hatten wir die Gurtbänder nicht stramm genug gespannt und die Schulterträger nicht exakt eingestellt, sodass wir im Bereich der Lendenwirbel zu sehr ins Hohlkreuz fielen. Dieses Problem ließ sich aber mit mehrmaligem Nachjustieren beheben. Ist das Tragesystem einmal genau auf die individuellen Bedürfnisse eingestellt, so zwickt und zwackt es nicht mehr und das Gewicht ist gleichmäßig auf Rücken, Schultern und Hüfte verteilt.
Dann trägt sich der Backpack auch mit etwas mehr Gewicht äußerst komfortabel. Gerade bei heißen Temperaturen haben wir die geringe Auflagefläche des Rucksacks und die damit einhergehende Belüftung als sehr angenehm empfunden. Bei kälteren Temperaturen bzw. starken Windböen bevorzugen wir hingegen Rucksäcke, die direkt am Rücken anliegen. So bilden Trägerin und Rucksack eine stabilere Einheit und der empfindliche Nieren- und Lendenbereich bekommt einen zusätzlichen Schutz. Um das zu erreichen kann das Tragesystem X Vent Zero Plus auch komplett „entspannt“ werden, sodass es kraftschlüssig nah am Körper getragen werden kann. Ganz wichtig ist es unserer Erfahrung nach, den Glacier Point 40 nicht zu überladen oder zu sehr vollzustopfen. Sonst können sich die Stäbe unter Umständen zu sehr in Richtung Rücken biegen und die notwendige Spannung ist nicht mehr gewährleistet. Um in Genuss der Vorteile des weitestgehend kontaktlosen Tragesystems zu kommen, sollten Frischluftmädels daher unbedingt darauf achten, ihren Rucksack sinnvoll zu packen und das Gewicht richtig zu verteilen. Wertvolle Tipps zum generellen Thema „Tragen mit System“ gibt es auf der Tatonka Homepage.
Die Vor- und Nachteile im Überblick:
+ robustes Material
+ wasserdichter Schutzsack für Kamera, Handy & Co.
+ durchdachte Fächeraufteilung
+ gute Rückenbelüftung
+ nette Optik
– recht hoher Aufbau
– exakte Anpassung des Tragesystems nicht ganz einfach
– Hüftgurt ohne extra Fach
– Regenhülle nicht komprimiert
– für anspruchsvollere Touren und Kletterpassagen nur bedingt geeignet
Die Details:
Farben: lilac, red, black
Material: 450 HD Polyoxford / T-Square Rip
Besonderheiten: X Vent Zero Plus-Tragesystem, wasserdichter Schutzsack mit Rollverschluss, Regenhülle, Trinksystemvorbereitung, seitlicher Eingriff ins Hauptfach, Wanderstockhalterung, Handgriff, Fronttasche mit integrierter Helmhalterung
Gewicht: 1,95 kg
Volumen: 40 Liter
Abmessungen: 68 x 30 x 17 cm
Preis: 180,00 Euro