Benedikt Böhm ist Familienvater, Speedbergsteiger und Geschäftsführer in Personalunion – und nun auch noch Buchautor. Am 06. Mai 2014 stellte er sein erstes und vielleicht auch einziges Werk „Im Angesicht des Manaslu – Speedbergsteigen in der Todeszone“ in der aus allen Nähten platzenden SALEWA World München vor und zeigte obendrein auch noch einen Teil des beeindruckenden Dokumentarfilms “5 Tage im September“. Beeindruckend deshalb, weil sowohl das biographisch gehaltene Buch als auch der Film einen sehr persönlichen Blick in die Seele des ausgewöhnlichen Skibergsteigers zulassen, der im September 2012 die traurige Erfahrung machen musste, wie nah Leid und Freude im alpinen Extremsport doch manchmal beieinander liegen können.
Denn im Herbst 2012 ereignete sich eines der bis dato schwersten Bergunglücke im Himalaya, bei dem mindestens zwölf Bergsteiger durch eine Lawine verschüttet und nur noch tot geborgen werden konnten. Unter den ersten Rettern, die noch vor Ort erste Hilfe leisteten, waren auch Benedikt Böhm und sein Expeditionsteam, die exakt zur gleichen Zeit eine Speedbegehung des Manaslu planten. Eine Lawine begrub mitten in der Nacht das Hochlager 3 auf einer Höhe von gut 7.000m, in dem die dort ausharrenden Alpinisten der anderen Expeditionen im Schlaf überrascht wurden. Trotz der Tragödie entschied sich Böhm wenige Tage später doch noch dazu, den Gipfelversuch zu wagen und auf diesem Wege das eigene Trauma zu verarbeiten – mit Erfolg.
Benedikt Böhm – vom Langläufer zum Buchautor
Das erste Mal stand der sportliche Kerl mit den blonden Haaren im Rahmen des Gore-Tex Blogger Summits 2011 in der Gindelalm vor uns, als er einen Vortrag über seine eigene Karriere als Speedbergsteiger hielt. Gebannt lauschten die Teilnehmer den „wahnwitzigen“ Erzählungen über bereits absolvierte Speedbegehungen, neue Pläne und die damaligen Probleme mit seinem langjährigen Seilpartner Basti Haag. Dass all das später einmal Bestandteil eines Buchs werden würde, sollte schon damals nur eine Frage der Zeit sein. Denn so wie der einstige Ski-Langläufer eher zufällig zum Skibergsteigen kam, sollte es sich auch hinsichtlich seiner Karriere als Autor nicht anders verhalten. In seinem Buch wirft er dabei nicht nur einen biographischen Blick auf die eigene steile Karriere als Speedbergsteiger zurück, sondern versucht in erste Linie die dramatischen Szenen des nächtlichen Dramas am 8.000er zu verarbeiten. Benedikt Böhm, der seine Schwester als Co-Autorin gewinnen konnte, gelingt es dabei auf ungewöhnlich unpathetische Weise eine Art Brücke von der eigenen Kindheit bis hin zur schrecklichen Nacht im September 2012 zu schlagen.
Die vielen Seiten eines sportlichen Tausendsassa
Schon bei seinem Vortrag im Jahr 2011 schüttelten wir nur ungläubig den Kopf, als der jetzige Geschäftsführer von Dynafit über sein wöchentlich zu absolvierendes Trainingspensum sprach. Da fragt man sich unweigerlich, wie ein so vielbeschäftigter Mann dazu kommt, nun auch noch ein Buch zu schreiben. Es wird wohl immer sein Geheimnis bleiben, denn nach wie vor schleicht sich der Familienvater zu früher Morgenstunde aus dem Haus, um noch vor Beginn der täglichen Arbeit im Büro mindestens dreimal mit Skiern auf die Alpspitze im Wettersteingebirge zu rennen und wieder abzufahren. Bis zu 10.000 Höhenmeter kommen da locker mal in einer Woche zusammen, weshalb viele den inzwischen 37-jährigen auch als „durchgeknallten Adrenalinjunkie“ bezeichnen. Doch dieses Training ist nötig, wer in Rekordzeit einen der höchsten Berge der Welt besteigen und den Gipfel des Manaslu (8.163 m) in nur 15 Stunden erreichen will – 3.300 Höhenmeter im direkten Aufstieg vom Basislager aus und ohne Zufuhr von künstlichem Sauerstoff. Mit im Gepäck nur 2,5 Liter Wasser, 20 Powergels und das Nötigste zum Überleben.
Eventualitäten haben bei solch einem Vorhaben keinen Platz. Dementsprechend spannend lesen sich denn auch die 272 Seiten des biographisch gehaltenen Buchs, das einen tiefen Einblick in das Seelenleben des Ausnahmetalents bietet und dadurch zumindest ansatzweise eine Idee davon vermittelt, warum sich Benedikt Böhm immer wieder aufs Neue den Stress auf sich nimmt und sich selbst den Verzicht auf ein vermeindlich normales Leben versagt. Auch wenn er das Schreiben vermutlich lieber größtenteils seiner Schwester überlassen hat, ist als Ergebnis dafür ein überaus authentisches Buch herausgekommen, das man so schnell nicht wieder aus der Hand legen wird. Unser Gesamtfazit fällt dementsprechend positiv aus: Ein absolut lesenswertes Buch und ein Muss für jeden Fan des Skibergsteigens bzw. von Speedbegehungen.
Herausgeber: Piper Verlag
Autor: Benedikt Böhm
Mitautor: Christiane Böhm
Erstausgabe: 14.04.2014
Inhalt: 272 Seiten, Hardover, gebunden mit Schutzumschlag
Preis: 19,99 Euro