Im „weißen Sport“ gehört er dazu wie die Schnürsenkel zum Bergstiefel. Aber auch jenseits von Tennisrasen und rotem Sand hat er mittlerweile eine überzeugte Schar an Anhängerinnen gefunden: Die Rede ist vom Sportrock. Salomon-Athletinnen wie Emelie Forsberg und Anna Frost oder Mammut-Gesicht Andrea Huser machen Stock und Stein bevorzugt im Laufrock unsicher. Beim Skibergsteigen trifft man die DYNAFIT-Ladies Johanna Erhart oder Claudia Galicia im stylischen Rock aus wärmendem Isolationsmaterial. Und auch bei deren Kollegin Gela Allmann dürfen auf Berg- und Wandertouren in heimischen Gefilden bunte Sportröcke nicht fehlen. Schließlich darf man solche schönen, trainierten Beine doch ruhig zeigen. Aber nicht nur bei den erfolgreichen Bergläuferinnen und Skibergsteigerinnen erfreuen sich Röcke großer Beliebtheit. Auch bei Hobbysportlerinnen stehen sie immer höher im Kurs. Grund genug, für uns, dem neuen Trend „Rock am Berg“ einmal genauer auf den Zahn zu fühlen.
Vom Rock zur Hose und wieder zurück – ein kleiner Exkurs
Aber Stopp. Ist es überhaupt richtig im Zusammenhang mit Röcken am Berg von einem neuen Trend zu sprechen? Denn genau genommen ist es doch eigentlich vielmehr die Neuinterpretation etwas bereits Dagewesenen mit einer großen Portion Emanzipation. Blickt man zurück, so galt die Welt des Bergsteigens lange Zeit als reine Männerdomäne. Als die ersten Frauen die Gipfel der Welt bezwangen – wie etwa Lucy Walker 1871 als erste Frau das Matterhorn – taten sie es in Röcken. Aber nicht etwa aus modischen Gründen – zumal die schweren, bodenlangen Beinkleider auch alles andere praktisch waren. Vielmehr war Frauen das Tragen von Hosen schlichtweg verboten. Erst um 1900 etablierte sich das Tragen von Hosen auch bei Frauen Stück für Stück. Den Anfang machten dabei interessanterweise Frauenhosen für sportliche Aktivitäten wie Skifahren. Immer mehr setzten sich die neuen Beinkleider dann auch im Arbeitsbereich und im Alltag durch und der Rock geriet im Gegenzug immer mehr in den Hintergrund.
Schick statt nur praktisch – der Rock auf Siegeszug
Aber genug der kurzen historischen Ausschweife in die Modegeschichte. Widmen wir uns wieder der Gegenwart bzw. der jüngeren Vergangenheit und dem „Revival“ des Rocks im Bergsport und Outdoorsegment: Nachdem über einige Zeit in erster Linie recht unweibliche und wenig modische Unisex-Schnitte angeboten wurden, dominieren heute feminine Schnitte und Designs die Bergsportabteilungen für die Ladies. Nicht fehlen dürfen dabei eben auch die besagten Röcke. Ganz ohne Zwang ist dieser dabei eher als ein Zeichen von weiblichem Selbstbewusstsein und modischen Statement anzusehen als von männlicher Unterdrückung wie einst zu Zeiten von Lucy Walker. Das Potential der Zielgruppe Frau haben die Hersteller jedenfalls erkannt und kräftig an ihrer Produktpalette geschraubt: „Früher wollten Frauen nur etwas Funktionelles – heute wollen sie etwas Funktionelles, das aber zugleich auch schick ist und gut aussieht“ weiß Nina Battisti zu berichten, die bei Skinfit in der Produktentwicklung tätig ist. Mit dem Caldo Skirt hat das österreichische Unternehmen vor rund zehn Jahren den ersten Isolationsrock auf den Markt gebracht und damit den neuen Siegeszug der femininen Bergbekleidung maßgeblich geprägt. „Gerade im Bergsport wurde lange recht wenig für die Frauen getan. Aber jetzt wo die Produkte da sind, ist die Nachfrage bei den Frauen ungebrochen groß – vollkommen unabhängig vom Alter“, so Nina. „Rundum wohlfühlen, geschützt sein und trotzdem hübsch aussehen lautet die Devise – egal, ob nun 20-jährige oder 70-jährige Frau.“
Laufrock, Isolation oder klassischer Wanderrock – was darf’s sein?
Röcke für den Outdooreinsatz gibt es in ganz verschiedenen Ausführungen und von zahlreichen Herstellern. Grob gesagt, lassen sich dabei drei Kategorien unterscheiden: Lauf- bzw. Trailrunningröcke, Isolationsröcke und Wander- bzw. Freizeitröcke. Bei den zuletzt genannten kommen zumeist Baumwolle oder Kunstfaser als Materialien zum Einsatz – je nachdem ob der Fokus eher auf dem Aspekt Reisen bzw. Freizeit liegt oder ob die Röcke tatsächlich am Berg getragen werden. Fast alle klassischen Outdoormarken wie Jack Wolfskin, Schöffel, Marmot, Columbia oder Patagonia führen entsprechende Exemplare in ihrem Sortiment. Erhältlich sind diese bereits ab ca. 60.- Euro wie beispielsweise der Gerona Skirt von Tatonka oder der Sonora Skirt von Jack Wolfskin bis hin zur „Luxusvariante“ für um die 130.- Euro wie der Vanadis Skirt der schwedischen Marke Klättermusen. Vom etwas biederen Modell in Khaki und knielang bis hin zum farbenfrohen Mini ist eigentlich für jeden Geschmack etwas dabei.
Besonders beliebt sind mittlerweile Lauf- und Trailrunningröcke – egal ob bei Hobbysportlern oder Profiathletinnen. Hier stehen vor allem Funktionalität und technischer Anspruch gepaart mit femininer Optik im Fokus. Denn wer hat eigentlich gesagt, dass man nicht auch beim Schwitzen sexy aussehen darf?! Zum Einsatz kommen überwiegend Kunstfaserstoffe, die schnell trocknen und atmungsaktiv sind. Gerne auch in Kombination mit geruchshemmenden Technologien wie Polygiene.
Häufig setzen die Hersteller dabei auf eine Kombination aus Short und Rock, so genannte Skorts. Zu erwähnen sind hier beispielsweise der Alpine Pro 2-in-1 von DYNAFIT, der Better than Naked Haul Rock von The North Face, der MTR 141 des schweizerischen Outdoorspezialisten Mammut oder der Vento Trail Skirt von Skinfit. Die integrierte Innenhose dient in erster Linie dazu, die Reibung effektiv zu verhindern, so dass sich die Trägerin keinen „Wolf läuft“. Der Überrock ist dann das optische Zuckerl, das für einen Blickfang sorgt und die Bewegungsfreiheit nicht einschränkt. Natürlich gibt es die luftigen Röcke aber auch ohne entsprechende Innenhose, wie beispielsweise der S-Lab Light Skirt von Salomon oder der Comet Skirt aus dem Hause La Sportiva. Solo getragen oder mit entsprechender separater Tight können die Damen damit das Gelände unsicher machen.
Wärmespender für kleine Frostbeulen – Röcke für den Winter
Last but not least feiert mit dem Skitouren-Boom der vergangenen Jahre auch eine dritte Kategorie an weiblichen Beinkleidern riesige Erfolge – die Isolationsröcke. Sie bieten an all jenen Stellen zusätzliche Wärme, wo frau sie am meisten benötigt. Dadurch sorgen sie auch im tiefsten Winter für mollig-kuscheligen Tragekomfort. Sportliche Winterröcke werden zumeist aus Isolationsstoffen wie PrimaLoft oder Polartec Alpha gefertigt, so wie etwa der TLT PrimaLoft und der Mezzalama Polartec Alpha Rock von Bergausdauer-Spezialist DYNAFIT oder der Maribu Insulated Skirt von Bergans. Die Hightech-Materialien verfügen über ein sehr gutes Wärme-Gewicht-Verhältnis und haben zudem den Vorteil, dass sie auch bei Nässe noch warm halten und schnell wieder trocknen. Aber auch Daune oder Schurwolle finden bei den Isolationsröcken durchaus Verwendung wie etwa bei Mammut oder Ortovox. Um maximale Bewegungs- bzw. Beinfreiheit zu gewährleisten und den Rock auch mit Skischuhen oder Bergstiefeln unkompliziert anziehen zu können, verfügen die meisten Modelle über einen seitlich platzierten Reißverschluss, der komplett geöffnet werden kann. Manche Modelle sind sogar mit zwei Zippern ausgestattet. Natürlich sind Isolationsröcke aber nicht nur wegen ihrer Funktionalität, sondern auch wegen ihrer Optik beliebt – sei es nun auf Tour oder beim Après-Ski.
Hot or not – wir machen den Test
Soweit zur grauen Theorie in punkto Rock am Berg. Aber was sagt die Praxis? Wir haben den Test gemacht und Vroni mit gleich sechs verschiedenen Modellen aus den Kategorien „Wandern“, „Laufen“ und „Isolation“ ins Gelände geschickt. Ob sich unsere „High-Society-Expertin“ von dem neuen Trend hat anstecken lassen, erfahrt ihr im zweiten Teil unseres kleinen Specials rund um die femininen Beinkleider für den sportlichen Einsatz.