Kletterfans aus aller Welt schauen voller Ehrfurcht auf seine spektakulären Erstbegehungen sowie bezwungenen Toplevel-Routen und die meisten Mädels bekommen bei seinem Anblick weiche Knie: Die Rede ist von keinem geringeren als Chris Sharma. Als einem der Ersten gelang es dem Amerikaner 2001 eine Route im Schwierigkeitsgrad 9a+ (franz.) auf seinem Konto zu verbuchen. Einige Jahre später legte er nochmal eine Schippe drauf und kletterte mit „Jumbo Love“, „Golpe de Estado“ und „Neanderthal“ mehrere Routen im damals höchsten Schwierigkeitsgrad 9b, der in der Climbing-Szene bis dato als unmöglich zu bewältigen galt. Mit der Wiederholung der Route „La Dura Dura“ im Grad 9b+ am 23. März 2013 sicherte sich Chris Sharma endgültig seinen Platz in den Geschichtsbüchern des Sportkletterns – sicherlich einer der Höhepunkte seiner nunmehr über 20-jährigen Karriere.
Auch wenn die jüngere Generation mit „Rockstars“ wie Adam Ondra oder Alex Megos immer mehr an Boden gewinnt, zählt der 35-jährige zweifellos weiterhin zu den besten Kletterern der Welt. Kaum einer beherrscht das Zusammenspiel aus Technik, Präzision, Akrobatik, mentaler Stärke, Kraft und Ausdauer am Fels wie Chris. Mittlerweile spielen im Leben des gebürtigen Kaliforniers neben dem Klettern aber auch andere Dinge eine zunehmend wichtigere Rolle. Fast scheint es so, als sei der Superstar der Climbing-Szene, der in einem Ashram aufgewachsen ist, endgültig sesshaft geworden: Ein Haus in Katalonien und seit 2015 verheiratet mit der Peruanerin Jimenca Alarcón ist Chris Sharma vor wenigen Wochen erstmals Vater geworden. Dementsprechend gelassen, ruhig aber auch ein wenig müde wirkt Chris, als wir ihn auf der OutDoor am Stand seines langjährigen Partners prAna zum Interview treffen. An den etwas verschlafenen Augen könnten jedoch auch seine Kumpels schuld sein, mit denen er sich am Vorabend getroffen hat, bevor es für ihn wieder zurück zur Familie nach Spanien gehen sollte. So oder so passen die Umstände perfekt zu unserem Interviewformat: „Einmal Luft holen bitte…“, bei dem wir bekannten Größen der Bergsportszene regelmäßig auf den Zahn fühlen. Kurze Fragen, knapp und präzise beantwortet – eben genau so lange, wie man mit einem Atemzug kommt. Los geht’s und Vorhang auf für Chris Sharma.
Entweder oder…nachgefragt bei Chris Sharma
…Meer oder Berge?
Am liebsten mag ich Meer und Berge zusammen. Psicobloc (Anm. d. Red.: auch bekannt als Deep Water Soloing) ist mein absoluter Favorit.
…Warm oder kalt?
Ich würde sagen kalt. Kalt, aber nicht zu kalt. (lacht)
…Hütte oder Zelt?
Hütte.
…Kalk oder Granit
Hm…dann eher Kalk.
…Early bird oder Langschläfer?
Langschläfer! (antwortet wie aus der Pistole geschossen)
…Bouldern oder Klettern?
Beides.
…Katze oder Hund?
Wieder beides! (lacht)
…Kaffee oder Tee?
Kaffee.
…barfuß oder Schuhe?
Sandalen. (grinst)
…Schokolade oder Gummibärchen?
Schokolade.
…Europa oder die USA?
Beides. Wir leben an beiden Orten und beides ist mein Zuhause.
…Risiko oder Sicherheit?
Sicherheit.
…Heimat oder Ferne?
Ich bin viel gereist in meinem Leben, aber mittlerweile bin ich auch viel daheim. Es ist schwer zu sagen, ob nun das eine oder das andere besser ist. Es kommt immer drauf an und ich genieße beides.
…eine Frage für die Mädels: Natürliche Schönheit oder „The art of make-up”?
Natürliche Schönheit.
Kurz und knapp…der „Klettergott“ steht Rede und Antwort
Der beste Kletter-Spot der Welt?
Für mich ist es das Klettern über dem Meer auf Mallorca.
Die Route, die für immer im Gedächtnis bleiben wird?
Wahrscheinlich „Es Pontàs“.
(Anm. d. Red.: Im Sommer 2006 hat Chris Sharma an der natürlich entstandenen Felsbrücke im Südosten Mallorcas eine Deep Water-Route erstbegangen, die bis heute als eine der schwersten der Welt gilt)
Der größte Erfolg?
Die Geburt meiner Tochter vor wenigen Wochen. Das ist eine wirkliche große Sache für mich.
…und die härteste Niederlage?
(überlegt) Der Verlust meiner Mutter. Weißt du, beim Klettern gehört es einfach dazu, nicht immer erfolgreich zu sein. Dann probiert man es eben so lange bis es klappt. Am Ende ist das aber nicht das wichtigste. Es kommt eben so – oder eben auch mal anders.
Der beste Ort, um zur Ruhe zu kommen?
Ich würde sagen in meinem Haus in Spanien.
Dein Lieblingsessen in den Bergen?
Was halt gerade so da ist. (lacht)
Dein Must-have auf Tour?
Eine Stirnlampe.
Der schönste Tag deines Lebens?
Der Tag, an dem meine Tochter auf die Welt gekommen ist.
Etwas ohne dass du nicht leben kannst?
Schlaf (lacht). Gerade kommt das natürlich etwas zu kurz. Mehr als zwei Stunden am Stück sind momentan einfach nicht drin.
Deine Religion?
Ich hab mich viel mit dem Buddhismus beschäftigt und bin auch in solch einem Umfeld aufgewachsen. Aber ich würde sagen, meine Religion ist es, authentisch und mit mir und den Leuten um mich herum im Reinen zu sein.
Deine Vertrauensperson?
Ich habe viele großartige Leute in meinem Umfeld. (überlegt) Es gibt nicht nur diesen einen Menschen. Ich würde sagen, alle meine Freunde und meine Familie sind wichtige Vertrauenspersonen für mich.
Das Wichtigste im Leben?
Glücklich sein.