Kolumne – Das ist ja der Gipfel #5: Auf die Piste, fertig, los – Skitourengeher als Spielverderber par excellence!?

von | 18. Dezember 2017 | Allgemein, News (Winter), Outdoornews

Erst rückten die Baumaschinen an, um Stück für Stück dem Alpenplan den Garaus zu machen. Und sobald sich die Wogen geglättet haben, stehen bereits die Skitourengeher in den Startlöchern, um für neuen Unmut zu sorgen. Aber halt, nicht jeder Backcountry-Liebhaber zählt automatisch zu jenen Spielverderbern, die für jede Menge Gesprächsstoff sorgen. Bevorzugt die Spezies der Pistentourengeher fällt vielerorts mitunter negativ auf. Denn während ein Großteil die Ruhe abseits von jeglichem Trubel sucht, nutzen andere die schneesichere Alternative und schieben sich mit einer zum Teil schier anmaßenden Arroganz über plattgewalztes Terrain. Natürlich, ohne auch nur einen Cent dafür zu zahlen und immer mit dem Argument auf dem Lippen, dass die Natur ja für jeden frei zugänglich sei.
Es verwundert kaum, dass sich mittlerweile so mancher Liftbetreiber dem Ansturm nicht mehr gewachsen fühlt und auch der Unmut unter den „kräftig zahlenden Gästen“ stetig wächst. Soviel ist jedenfalls sicher, bereits mit dem ersten Schneefall sorgten nicht nur die „Aufsteiger der Nation“, sondern auch vermeintliche „Kurzschlussreaktionen“ so mancher Pistenbetreiber für ordentlich Zunder – sei es nun an den Stammtischen oder beim Aprés Ski an der Schirmbar. Die perfekte Steilvorlage, um uns ebenfalls wieder einmal Luft zu machen. Aber weniger über die fraglichen Forderungen der Liftbetreiber oder normale Skitourengeher, sondern vielmehr über rücksichtslose Unverbesserliche, die sich mit ihren Powderlatten im wahrsten Sinne des Wortes kreuz und quer zum Gipfel schieben.

Kolumne - Das ist ja der Gipfel #5: Auf die Piste, fertig, los - Skitourengeher als Spielverderber par excellence!?

DAV-Kampagne „Natürlich auf (Ski)Tour“ (© Deutscher Alpenverein e.V.)

Separate Aufstiegsspur und Skitouren-Parks sind die einzigen Alternativen zur Backcountry-Tour!?

In Deutschland existieren rund 30 Skigebiete – vom Feldberg in Baden-Württemberg bis Sankt Elmar in Bayern. In Grenznähe zu Österreich, Frankreich, Italien und der Schweiz kommen noch zahlreiche Wintersportregionen mit dazu. Eigentlich ausreichend Platz für Skitourengeher, die sich bei einem sogenannten „Dreier“ (Lawinenstufe 3) nicht mehr in offenes Gelände trauen. Die Zahl derer, die sich über die Skipiste nach oben schieben hat aber so dramatisch zugenommen, dass sprichwörtlich kein Durchkommen mehr ist – weder nach oben als auch nach unten. Aber warum eigentlich? Den Trainingsaspekt mag man ja noch verstehen oder weil man bei einer Nachtskitour nicht unbedingt durch tiefverschneites und unbekanntes Terrain abfahren mag. Aber das Risiko in Kauf zu nehmen, beim munteren Queren auf der Skipiste von einem auf Brettern noch recht unbedarften Wintersportler umgemäht zu werden, wirft Fragen auf. Nicht nur uns, sondern auch den Burschen von Gipfelfieber. Die logische Konsequenz sind völlige entnervte Liftbetreiber, die wie in so manchem Skigebiet in Oberösterreich mittlerweile satte 14 Euro für den Aufstieg verlangen. Noch versucht jedes Skigebiet dem Massenansturm individuell Herr zu werden. Während die einen „vergünstigte Tageskarten für Pistengeher“ ausloben, werden andernorts „nur“ Parkgebühren eingefordert oder es wird an den gesunden Menschenverstand appelliert.
Problem ist nur, dass dem „Goodwill“ der Pistenbetreiber immer mehr Tourengeher mit einer Dreistigkeit und Arroganz begegnen, dass es einem die Skikante zerballert. Da wird während des offiziellen Skibetriebs rotzfrech über die gesamte Piste gequert oder die Planierarbeit nach Pistenschluss durch waghalsige Manöver behindert. Lebensmüdigkeit inklusive. Hinzu kommt noch die kostenlose Nutzung der gesamten Infrastruktur – von der frisch präparierten Piste bis hin zum freigeschaufelten Parkplatz direkt am Einstieg. Sofern keine separate Aufstiegsspur für Tourengeher angelegt oder sogar ein ganzer Tourenpark – wie jüngst von DYNAFIT am Pitztaler Gletscher eröffnet – ausgewiesen ist, haben Skitourengeher im Grunde genommen nichts auf der präparierten Piste verloren. Manche scheint das dennoch wenig zu kümmern.

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Skitouren im offenen Gelände bieten zumeist viel mehr als Pistengehen auf platt gewalztem Schnee.

Kein Wunder also, dass so manche Region mittlerweile Gebühren oder zumindest einen kleinen Obolus erhebt. Aber das alles ist nicht wirklich das Problem. Was dem Fass aber den Boden ausschlägt, ist die leidige Diskussion über die Rechtmäßigkeit solcher Forderungen seitens jener „Schieberfraktion“, die sich im Skigebiet einfach nicht benehmen können. Da wird auf das freie Zugangsrecht zur Natur gepocht, welches im Bayerischen Naturschutzgesetz (BayNatSchG) fest verankert ist, das sich die Bretter biegen. Das mag an sich zwar so stimmen, wäre da nur nicht der Fakt, dass die Herrschaften ohne die tägliche Arbeit von Pistenraupe, Schneeräumdienst und Co. nicht einmal mehr mit ihren SUVs und Bullis bis zur Piste vorstoßen könnten. Hier fehlt schlichtweg der Sinn für die Verhältnismäßigkeit.

Wer kein Geld für Lawinenkurse, Skipass und Fahrtraining hat, sollte vielleicht besser gleich daheim bleiben!?

Problematisch ist bei der aktuell geführten Diskussion das Dilemma, dass vor allem jene unter der neuen Trendsportart leiden, die schon immer dort vor Ort unterwegs waren, wo sich bevorzugt die naturbewussten Städter jedes Wochenende herumtreiben. Auch Einsteiger, die erst einmal ins Skitourengehen hineinschnuppern wollen und mit Tiefschnee-Abfahrten nur wenig Erfahrung haben, dürften die jüngsten Entwicklungen heftig aufstoßen. Am Ende geht es doch aber um eine Regelung, die für alle Wintersportler verträglich ist. Und mal ehrlich, was spricht denn dagegen, eine Parkgebühr von 5 Euro zahlen zu müssen wie erst jüngst in den Chiemgauer Alpen erlebt. Man mag bezweifeln, dass diejenigen sich die Hände auch nur ansatzweise schmutzig machen würden, um für ihr eigenes „Schneemobil“ mit der Lawinenschaufel einen Parkplatz in die Winterlandschaft zu schaufeln. Wer sich dennoch über solche Beträge aufregt und stur – natürlich ohne zu zahlen – drauf losstapft, vergräzt letztendlich die Stimmung aller.

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Der erste Skitourenpark Tirols wurde jüngst am Pitztaler Gletscher von DYNAFIT eröffnet. (© Dynafit)

„Pistentouren haben sich zu einem eigenen Freizeitsportsegment entwickelt. Die Anzahl der Tourengeher, die ihr Hobby generell auf die Piste verlegen und selten bis gar nicht mehr ins freie Gelände gehen, steigt merkbar an,“ stellt der Österreichische Alpenverein fest. Eine Pistentour ist schließlich weniger zeitaufwändig und weniger Gefahren ausgesetzt als eine Tour im freien Gelände. Die ursprünglich sehr naturnahe Bergsportart erhält nun auch einen Workout-Charakter: Zwei Stunden Training und man ist wieder zu Hause. Kritisch wird es vor allem in schneearmen Wintern, wenn die Tourengeher zunehmend auf (schnee)sichere Alternativen ausweichen. Wer sich aber aus Knausrigkeit keinen Skipass leisten will oder sich aus purer Bequemlichkeit und Angst vor Lawinen nicht ins offene Gelände traut, der sollte vielleicht besser daheim bleiben. Aus Rücksicht zur eigenen Gesundheit und zu allen bereits angeführten Argumenten und Gründen.

10 Regeln fürs Pisten-Skitourengehen vom ÖAV:

„Tourengeher generell auszusperren oder gar zu strafen, wäre mit Sicherheit der falsche Weg“, betont denn auch Michael Larcher, Bergführer und Leiter der Bergsportabteilung im Österreichischen Alpenverein. So hat der ÖAV für den viel diskutierten Ansatz mancher Skigebiete und Liftbetreiber, von Tourengehern an manchen „Hotspots“ einen angemessenen Infrastrukturbeitrag abzufordern, durchaus Verständnis. Noch besser wäre es aber, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und neue Konzepte zu erarbeiten, von denen alle Beteiligten am Ende etwas haben. In gemneinsamer Zusammenarbeit haben der Österreichische Alpenverein (ÖAV) und das Kuratorium für Alpine Sicherheit daher einen Katalog mit zehn Verhaltensregeln für Pistengeher erarbeitet, der neben den ohnehin gültigen FIS-Regeln die Grundlage für ein konfliktfreies Miteinander in den Skigebieten darstellen soll.
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1. Warnhinweise sowie lokale Regelungen beachten.
2. Der Sperre einer Piste oder eines Pistenteils Folge leisten. Beim Einsatz von Pistengeräten, insbesondere mit Seilwinden, oder bei Lawinen-sprengungen, etc. kann es zu lebensgefährlichen Situationen kommen. Pisten können daher aus Sicherheitsgründen für die Dauer der Arbeiten gesperrt sein.
3. Nur am Pistenrand und hintereinander aufsteigen.
4. Die Piste nur an übersichtlichen Stellen und mit genügend Abstand zueinander queren.
5. Frisch präparierte Pisten nur im Randbereich befahren. Über Nacht festgefrorene Spuren können die Pistenqualität stark beeinträchtigen.
6. Bis 22:30 Uhr oder einer anderen vom Seilbahnunternehmen festgelegten Uhrzeit die Pisten verlassen.
7. Sichtbar machen. Bei Dunkelheit oder schlechter Sicht Stirnlampe, reflektierende Kleidung etc. verwenden.
8. Bei besonders für Pistentouren gewidmeten Aufstiegsrouten/Pisten nur diese benuutzen.
9. Hunde nicht auf Pisten mitnehmen.
10. Ausgewiesene Parkplätze benutzen und fällige Parkgebühren entrichten.

Quelle: Österrichischer Alpenverein