Testbericht – Membranen: Polartec® NeoShell® vs. Goretex Pro Shell – Funktionsmaterialien im Vergleich

von | 31. Oktober 2014 | Allgemein, Bergsteigen, Klettern, News (Winter), Outdoornews, Skitour, Testberichte

Hardshell ist nicht gleich Hardshell – spätestens auf einer Skitour bzw. bei einem schweißtreibenden Aufstieg kann davon jeder ambitionierte Bergsportler ein Liedchen singen. Denn die Eigenschaften in puncto Atmunsaktivität und Tragekomfort variieren mitunter doch enorm. Bei der Vielzahl an hochqualitativen Membranen der verschiedenen Anbieter gibt es zwar keine wirklich schlechten Laminate, dennoch sollte beim Kauf der Bekleidung an das spätere Einsatzgebiet gedacht werden. Denn neben dem nötigen Schutz vor Wind und Wetter sollte eine Hardshelljacke oder -hose auch hinsichtlich Tragekomfort, Robustheit und Atmungsaktivität perfekt zur jeweiligen Aktivität passen.
Bereits im vergangenen Winter haben wir zahlreiche Möglichkeiten genutzt, um die unterschiedlichsten Hardshell-Materialien diverser Outdoormarken zu testen. Dabei kam unter anderem auch eine komplette Skitouren-Kombi des Bergsportspezialisten Eider zum Einsatz, die mit der hochatmunsgaktiven NeoShell® Membrane von Polartec® ausgerüstet ist. Im Vergleich dazu haben wir Bekleidungsstücke mit der neuen Pro Shell von GORE-TEX® getragen. Im folgenden Beitrag wollen wir beide Membranen vorstellen, jedoch kein Urteil darüber fällen, welche davon die beste Performance abliefert. Vielmehr sollen die wenigen Unterschiede bzw. die zahlreichen Gemeinsamkeiten zusammengetragen und Empfehlungen abgegeben werden, bei welchen Aktivitäten das jeweilige Material optimaler aufgehoben ist.

Polartec® NeoShell® – Hardshell neu interpretiert

Mit Polartec® NeoShell® präsentiert Polartec seine neueste Innovation im Bereich Wetterschutz: Demnach kombiniert die Membrane als eine der ersten die Eigenschaften von hoher Atmungsaktivität, optimaler Ventilation und Dehnbarkeit von Softshell-Materialien mit dem robusten Wetterschutz einer Hardshell. So soll Polartec® NeoShell® nicht nur eine optimale Schutzschicht vor Wind und Nässe bieten, sondern zugleich durch seine extreme Atmungsaktivität auch das Körperklima auf der Innenseite verbessern. Grund hierfür ist ein dynamischer Luftaustausch, welcher durch eine Vielzahl feiner Poren der hydrophoben und mikroporösen Polyurethan-Membrane sichergestellt werden soll. Laut Hersteller ist die Membrane unter dynamischen bzw. aktiven Bedingungen zu 100% atmungsaktiver als die aktuell am Markt erhältlichen Alternativen. Darüber hinaus bringt Polartec® NeoShell® nur einen Bruchteil des Gewichts einer herkömmlichen Membrane auf die Waage und bietet zudem auch noch deutlich weichere und geschmeidigere Trageeigenschaften.
Nach Ansicht der Entwickler von Polartec® reicht eine Wassersäule von 10.000mm (5.000 mm nach 20 Wasch und Trockengängen oder nach 24 Stunden Waschen) absolut aus, um bei Regen einen idealen Schutzmantel zu bieten. Denn wasserdicht ist nun einmal wasserdicht – egal wie hoch der Wert letztendlich auch ausfällt. Viel wichtiger ist ihrer Meinung nach die effiziente Regulierung des Körperklimas, um den durch das Schwitzen entstehenden Wasserdampf effektiv nach außen leiten zu können. Dementsprechend fokussiert sich das Polartec® NeoShell® Material in erster Linie auf einen besonders hohen RET-Wert, indem es über eine Luftdurchlässigkeit von 2l/m2/sec oder 0,5 CFM verfügt. Darüber hinaus bietet die Membrane ein ideales Wärme-Gewicht-Verhältnis und optimiert den Tragekomfort dank der flexibleren Eigenschaften des raschelarmen Materials.
Die Einsatzgebiete:
Mit Polartec® NeoShell® kann ein Bekleidungsstück eine deutlich größere Bandbreite an Wetterbedingungen und Aktivitäten abdecken, als dies bei herkömmlichen Hardshells der Fall ist. Denn durch die erhöhte Atmungsaktivität und Winddichtigkeit eignet sich das Laminat ideal fürs Skifahren, Snowboarden, Eisklettern, Bergsteigen, Fischen oder alle weiteren Aktivitäten, bei denen schlechtes bzw. anspruchsvolles Wetter zum Tragen kommt. Weitere Infos zu Polartec®: www.polartec.com
Die technischen Highlights:
– so gut wie winddicht blockt das Material 99,9% des Windes und verhindert so den auskühlenden Windchill-Effekt
– die im Stoff zirkulierende Luft schützt effektiv vor Überhitzung und Hitzestau
– äußerst atmungsaktiv durch aktiven Zwei-Wege-Luftaustausch (5cfm oder 2 l/m²/Sekunde – ISO 9237)
– extrem abriebfester, lang haltbarer und robuster Oberstoff
– gute Dehnbarkeit und Formtreue sorgen für hohen Tragenkomfort
– wärmt ohne zusätzliches Gewicht
– raschelarmer Stoff

Gore-Tex® Pro Shell – äußerst hart im Nehmen

Auch das neue und überarbeitete GORE-TEX® Pro Shell führt den Punkt der Atmungsaktivität ins Feld und verspricht gegenüber der „alten“ dreilagigen Membrane bis zu 28% atmungsaktiver zu sein. Erreicht wird dies mittels einer neuen „Multilayer mono-component“ Konstruktion, einem mehrlagigen System, das aus unterschiedlichen, komplett ePTFE-basierten Mikrostrukturen besteht und fest mit dem Obermaterial sowie einem eigens entwickelten Innenfutter (Gore microgrid backer) verbunden ist. Dadurch soll die neue Pro Shell noch strapazierfähiger und robuster (Denier-Wert > 40) sein als das bisherige Pro Shell Material. Für den nötigen Wetterschutz sowie eine optimale Regulierung des Körperklimas sorgen eine Wassersäule weit über 28.000mm sowie ein RET-Wert unter 6. Wie gemacht für die besonders hohen Ansprüche von Outdoor-Sportlern, die in alpinem Gelände unterwegs sind und unregelmäßige Aktivitätszyklen (ständiger Wechsel von Ruhe- und Aktionsphasen) aufweisen.
Die Einsatzgebiete:
GORE-TEX® Pro Shell kommt bei jedem Wetter zum Einsatz. Vor allem aber sorgt das Material bei einem stetigen Wechsel von Aktiv- und Erholungsphasen für deutlich mehr Performance und ein gut reguliertes Körperklima, um sowohl bei Wind als auch bei Regen und Kälte den nötigen Schutz gegen allzu schnelles Auskühlen bieten zu können. Verwendet wird die Mebrane daher bevorzugt in Bekleidung, die sowohl beim Skimountaineering und Freeriden als auch beim Bergsteigen oder bei diversen Outdoor-Aktivitäten in alpinem Gelände zum Einsatz kommt. Weitere Infos zu GORE-TEX®: www.gore-tex.de

Die technischen Highlights:

– absolut winddicht und schützt den Körper vor wind- und wetterbedingter Auskühlung
– 28 % bessere Atmungsaktivität zur Verhinderung von Hitzestau
– verbesserte Regulierung des Körperklimas
– weichere und geräuschärmere Materialeigenschaften
– als robuste Außenschicht und zuverlässiger Wetterschutz

Die Membranen im Vergleich – ein Fazit:

Da wir hier in erster Linie persönliche Empfindungen und Wahrnehmungen wiedergeben wollen, die unser Urteil bzw. die Bewertung der jeweiligen Membrane beeinflusst haben, geht es uns somit weniger darum, einen der beiden Hersteller zu empfehlen oder schlecht zu machen. Vielmehr wollen wir von unseren ganz eigenen Erfahrungen berichten. Auf welche Membrane bzw. welches Hardshell-Laminat die Entscheidung letztendlich fällt, bleibt jedem selbst überlassen. Denn schließlich verarbeitet jede Outdoormarke die Stoffe der Membranenhersteller auf ganz eigene Art und Weise in den jeweiligen Kollektionen, in denen sich die einzelnen Bekleidungsstücke allein schon hinsichtlich Passform und Gewicht immens unterscheiden können. Etwas haben die Laminate jedoch garantiert gemeinsam: Beide bieten einen hervorragenden Wetterschutz – über das ganze Jahr hinweg und bei einer Vielzahl an Aktivitäten sowohl im urbanen als auch im alpinen Raum.
Atmungsaktivität und Tragekomfort
Dennoch ist bereits beim Überstreifen ein kleiner aber feiner Unterschied zwischen den beiden Membranen sprichwörtlich spürbar auszumachen. So fühlt sich das Polartec® NeoShell® Material deutlich weicher und geschmeidiger an und bietet dadurch eine bessere Passform als das auf den ersten Blick etwas robuster wirkende GORE-TEX® Pro Shell. Mit den knittrigen Plastiksärgen der Vergangenheit haben aber beide Membranen nichts mehr gemein, was sich vor allem in einer optimaleren Bewegungsfreiheit niederschlägt. So überzeugen beide Membranen durch ein deutliches Plus an Tragekomfort, wenngleich sich das Material von Polartec® als noch ein Stück weit flexibler entpuppt.
Winddichtigkeit und Wetterschutz
Einen konkreten Einblick zur Polartec® NeoShell® Membrane bot uns eine Skitouren-Kombi von Eider. Was uns dabei ganz besonders aufgefallen ist, ist die enorme Bewegungsfreiheit und der ausgezeichnete Tragekomfort, wodurch die Skihose bspw. problemlos auch direkt auf der Haut getragen werden kann. Auch in puncto Atmungsaktivität konnte das Material überzeugen, sodass selbst an wärmeren Wintertagen kein Hitzestau entstehen konnte. Hier stößt das Pro Shell Laminat deutlich schneller an die eigenen Grenzen, das vor allem bei kühlen Temperaturen seine Stärken ausspielt. Lediglich bei knackigen Temperaturen und heftigen Windstärken wird es in der Polartec® Hülle doch etwas ungemütlich. Denn dann frisst sich die Kälte recht zügig durch den äußeren Schutzmantel und der Körper kühlt schneller aus als es bspw. bei der Testjacke von Arcteryx mit GORE-TEX® Pro Shell der Fall war.
Unser Gesamtfazit
Beide Membranen bieten gleichermaßen einen hervorragenden Regenschutz und sind was Robustheit und Materialbeschaffenheit betrifft, äußerst hart im Nehmen – sei es nun beim Tragen unter dem Rucksack bzw. dem Klettergurt oder im direkten Kontakt mit dem Fels. Lediglich hinsichtlich der Atmungsaktivität kann das Polartec® Laminat mehr auf die Waagschale werfen, transportierte die Uphill Skitouren-Kombi von Eider in unserem Test doch deutlich besser die Feuchtigkeit vom Körper weg als es bei den bisher von uns getragenen Hardshells mit GORE-TEX® Pro Shell Membrane der Fall war. Dadurch bleiben die Jacken und Hosen, die mit Polartec® NeoShell® ausgestattet sind, selbst bei schweißtreibenden Aktivitäten trockener bzw. tritt erst viel später ein klammes Tragegefühl an der Innenseite auf. Demgegenüber weiß sich das GORE-TEX® Material vor allem bei kälteren Temperaturen besser zu behaupten, kann allerdings weitaus weniger zu einer optimalen Regulierung des Körperklimas beitragen. Doch wie bereits angedeutet, entsprechen all diese Fakten in erster Linie ganz persönlichen Empfindungen – schwitzt doch jeder Mensch unterschiedlich stark und besitzt ein individuelles Kälteempfinden.