Lawinen-Airbags bzw. das ABS-Thema sind bei Skitourengehern und Backcountry-Fans aktuell in aller Munde, verprechen sie doch ein deutliches Plus an Sicherheit bei rasanten Tiefschneeabfahrten abseits präparierter Skipisten. Denn laut unabhängigen Tests steigen die Überlebenschancen um bis zu 95%, sollte der Wintersportler mit einem Airbag ausgestattet in eine Lawine geraten. Das macht den Airbag aber noch längst nicht zur Lebensverischerung, kann er doch unter Umständen sogar von Nachteil sein, wird der Tourengeher bspw. von den Schneemassen über eine Klippe gespült. Ihn als Backup dabei zu haben, ist aber allemal besser, als vollkommen unvorbereitet ins freie Gelände einzusteigen.
Unabhängig davon sollte jeder Backcountry-Fan zwingend die aktuellen Lawinenlageberichte studieren, immer die obligatorische Sicherheitsausrüstung (Lawinenschaufel, Sonde, LVS-Gerät) dabei haben und gegebenenfalls das eigene Wissen bei einem Lawinenkurs auffrischen bzw. vertiefen. Im Rahmen der Snow & Safety Conference in Lech/Zürch hatten wir nicht nur die Möglichkeit, uns über die Gefahren von Lawinen ausgiebig zu informerien, sondern zugleich auch den Verbier 26 Pro von SALEWA zu testen. Diesmal stellen wir euch den ABS-Rucksack auch im Video genauer vor (siehe rechte Spalte) und haben im folgenden Testbericht noch einmal die wichtigsten Fakten für euch zusammengefasst.
Salewa Verbier 26 Pro – eine gute Wahl fürs Backcountry
Das eine tragbare Lebensversicherung ihren Preis hat, ist ok. Allerdings weniger in Ordnung ist, dass manche der ABS-Rucksäcke, die für den Gegenwert eines brauchbaren Citybikes über die Theke gehen, teilweise nicht gerade hochwertig verarbeitet sind und zum Teil nicht immer wirklich gut durchdacht wirken.
Umso mehr freuen wir uns, wenn ein Produkt in Gänze überzeugen kann und, wie beim Verbier 26 Pro, beste Funktionalität mit gutem – weil zurückhaltendem – Design in sich vereint. Laut Hersteller ist er der einzige spezielle Freeriderucksack mit einem voll integrierten ABS-System und Rückenprotektor, der den kompletten Rücken des Fahrers schützen soll. Damit ist er laut SALEWA der perfekte Bodyguard im Backcountry.
Über das ABS-System:
Der Gründer des ABS Avalanche Systems, Peter Aschauer, kaufte 1980 das Patent von einem Oberförster ab, der in eine Lawine geriet und nur deshalb nicht von ihr verschüttet wurde, weil er ein geschossenes Wild auf den Schulter trug. Durch nachträgliche Versuche mit großvolumigen Kanistern und Ballons, konnte dieses Verhalten wiederholt und bestätigt werden. Nach weiteren wissenschaftlichen Tests in den 70er Jahren folgte schließlich die technische Weiterentwicklung in den 80ern.
Die Anmeldung des Patents durch den Oberförster war denn auch die Geburtsstunde des heute vor allem in der Freeride-Szene bekannten Lawinenairbags. Die ersten funktionsfähigen Rucksäcke kamen 1985 in den Handel und basierten anfangs auf einem großen, zentral auf dem Rücken untergebrachten Airbag mit einem Volumen von gut 150 Litern. 1996 folgte die Umstellung auf zwei seitlich platzierten Airbags mit einem Gesamtvolumen von 170 Litern – den heute bekannten Twin-Bags.
Darüber hinaus wurde die Seilzugmechanik zum Aufblasen der Airbags auf eine schnellere und erheblich zuverlässigere pyrotechnisch-pneumatische Auslösung umgestellt. Das Gesamtsystem wiegt heute nur noch etwa 2,5 kg (ohne Kartusche) und wird als ABS-Basiseinheit angeboten.
Salewa Verbier 26 PRO – Lawinenairbag mit ABS Twinback System
Doch Schluss mit der Prosa und ran an die Facts: Der Verbier 26 PRO bietet neben der Aufnahme für die ABS-Twinbags, die ca. 35% des Stauraums einnehmen, genug Platz für die Ausrüstung einer durchschnittlichen Tagestour. Das Twinbag-System bietet gegenüber den Systemen anderer Anbieter enorme Vorteile, die nur einen einzelnen Airbag im Kopf- und Schulterbereich vorsehen.
Demnach sollen sie aufgrund ihrer Größe nicht nur den Kopf-, Genick- und Schulterbereich schützen, sondern auch den gesamten Rücken und die Wirbelsäule. Auch das Auftriebs- und Turbulenzverhalten in einer Lawine fällt laut Hersteller wesentlich vorteilhafter aus, denn dadurch soll ein ungewolltes Pendeln im abgehenden Schneebrett verhindert werden.
Des Weiteren hat der Rider – für den Fall dass einer der beiden Airbags beschädigt sein sollte – eine wichtige Fallback-Versicherung in der Hinterhand. Die speziell auf die Anforderungen des Freeriding im Backcountry zugeschnittene Konstruktion, verteilt die auftretenden Fliehkräfte optimal auf den Oberkörper des Fahrers. Dank des breiten, stufenlos verstellbaren Velcro Hüftgurts mit aufgesetzten Taschen und der Boomerang Schultergurte wird der Fahrer vom Rucksack förmlich umarmt. Ein Safety Compartment erlaubt den schnellen Zugriff auf Lawinenschaufel und Sonde.
Das großzügige Hauptfach ist über einen am Rücken angebrachten Reißverschluss leicht zugänglich und bietet einen Durchlass zur Führung eines Trinksystemes (beidseitig). Die 3-Punkt Snowboardhalterung (vertikal) bzw. Skihalterung (vertikal und 45°quer) garantieren, dass die Ski bzw. das Board in ausreichender Höhe angebracht sind und beim Laufen nicht behindern.
Beim Aufstieg kann der Ski-Helm zudem mithilfe einer verstaubaren Halterung aus flexiblem Meshgewebe auf dem Rücken des Backpacks fixiert werden. Ein zusätzliches, weich gepolstertes Fach für die Goggles und ein herausnehmbarer, TÜV zertifizierter Rückenprotektor machen den Verbier 26 PRO zu einem der empfehlenswertesten Lawinenairbags dieser Wintersaison.
Das aF-Fazit von Eric: Lawinenrucksack mit durchdachtem Konzept
Auch auf den zweiten Blick überzeugt der Verbier 26 Pro durch sein durchdachtes Konzept und sein funktionales Design. Sämtliche Features sind sinnvoll platziert und nerven nicht beim Gebrauch am Berg. Der körpernahe Schnitt des Rucksacks verteilt die Last optimal auf den Fahrer und schränkt dessen Bewegungsfreiheit nicht ein, wodurch sich auch das zusätzliche Gewicht nicht unangenehm bemerkbar macht.
Was wir allerdings auch bei diesem Lawinenairbag wieder vermissen, ist eine Kombination aus ABS® und Avalung®, um dem Fahrer ein zusätzliches Plus an Sicherheit an die Hand zu geben. Eine Kooperation zwischen beiden Systemen würden wir von unserer Seite aus jedenfalls absolut begrüßen.
Die Details:
Besonderheiten: Aqua Safe Zippers, zwei Halterungen für Eispickel, Gurtbänder und Schnallen unter Stoffabdeckungen verstaubar, Helm-, Ski und Boardhalterung, integrierter Rückenprotektor
Airbag-System: ABS-Twinbag
Volumen: 26 Liter
Gewicht: 2,8 kg ohne Kartusche
Maße: 55 x33 x27 cm
Farbe: Black/Carbon
Material: Ripstop Nylon 420D
Preis: 750,- Euro (UVP)
*Hinweis der Redaktion zur Kennzeichnungspflicht: Die hier getesteten bzw. vorgestellten Produkte wurden uns vom jeweiligen Hersteller kostenlos zur Verfügung gestellt. Über den Produktwert hinaus flossen keine weiteren Zahlungen oder Gegenleistungen. Das Urteil der Redaktion ist dennoch unabhängig und die spezifischen Marken haben keinerlei Einfluss auf die Inhalte des Testberichts.