Wer ein „Winter-Flow-Feeling“ der besonderen Art erleben möchte, sollte sich unbedingt einmal nach Mallnitz in Kärnten aufmachen. Denn abseits vom „Aprés Ski Wahnsinn“ der sonst so angesagten Urlaubsziele finden Wintersportler in dem kleinen Bergsteigerdorf unterhalb der Ankogelgruppe noch die nötige Ruhe und jede Menge Einsamkeit. Warum gerade das vor den Toren des Nationalparks Hohe Tauern gelegene Örtchen im Winter definitiv einen Besuch wert ist, durften wir aus eigener Kraft herausfinden.
Denn im Rahmen der zur Förderung des sanften Tourismus ins Leben gerufenen Kooperationskampagne „Best of Winter“ haben wir uns nicht nur im Tauerntal auf die Tourenski gestellt, sondern ebenso auf Schneeschuhen im Seebachtal den bekanntesten Bewohnern der Region nachgestellt. Dem nicht genug, haben wir auch der Region rund um die Sonnenstadt Lienz in Osttirol einen Besuch abgestattet.
Mallnitz in Kärnten – das kleine Bergsteigerdorf mit großem Bergpanorama
Mallnitz befindet sich südlich des Alpenhauptkamms im österreichischen Bundesland Kärnten auf einer Seehöhe von rund 1.200 Metern und wird von gleich acht Dreitausendern und mehr als 20 weiteren Gipfeln umrahmt. Die Urlauber und Tagesgäste einmal nicht mitgerechnet, leben über das Jahr verteilt knapp 850 Seelen in dem kleinen Bergsteigerdorf, das den meisten vor allem wegen seiner Tauernschleuse bekannt sein dürfte. Dabei handelt es sich um eine direkte Nord-Süd-Verbindung der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB), die quer durch den Gebirgsstock führt und stündlich zwischen Mallnitz und Bad Gastein verkehrt.
So sparen sich Anreiner und Anreisende gleichermaßen den zeitaufwändigen Umweg über Villach, indem diese einfach ihre Fahrzeuge auf die Schienen verladen und in knapp 15 Minuten einmal unter dem Nordkamm der Alpen hindurchgeschoben werden. Mit ein Grund wieso die kleine Gemeinde sich seit dem Jahr 2006 offiziell auch als „alpine Perle“ bezeichnen darf und nur zwei Jahre später vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV) den Titel Bergsteigerdorf zugesprochen bekam. Denn umweltfreundliche Mobilität und sanfter Tourismus werden hier noch sprichwörtlich groß geschrieben.
Achtung Endstation – bitte alle aus- und aufsteigen
Wer über das Mölltal kommend nach Mallnitz gelangt, der wird spätestens auf Höhe des kleinen Ankogel Skigebiets am Eingang zum Seebachtal stutzig. Denn an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern ist Endstation – zumindest für motorisierte Gefährten. Rechts wie links erstrecken sich hier kilometerlang die umliegenden Gebirgstäler in die Ferne und wohlklingende Gipfel wie Ankogel (3.250m), Säuleck (3.086m) oder Hochalmspitze (3.360m) zeichnen einen gezackten Horizont in den Himmel. Nicht selten fegt eine steife Brise durch die Talsenken, weshalb es hier an kalten Wintertagen mitunter sehr ungemütlich werden kann.
Wir durften den berühmten und eisigkalten „Windchill-Effekt“ bei unserer Schneeschuhwanderung mit der Bergwanderführerin Munja Treichel-Supersberger erleben. Die studierte Biologin begleitet regelmäßig Ihre Gäste zum „Steinadler-Watching“ oder lädt zur „Gamsjagd mit bloßem Auge“ ein, um unterwegs ihr profundes Wissen zur heimischen Flora und Fauna kundzutun und sensiblen Naturdenkmälern wie dem 1986 unter Schutz gestellten Stappitzer See einen Besuch abzustatten. Mit etwas Glück erhascht man dabei auch die ein oder andere vom Aussterben bedrohte Tierart wie etwa Steinadler, Bartgeier oder sogar Steinbock.
Aber auch sonst gibt es in und um Mallnitz jede Menge zu entdecken. So bieten sich vor Ort unzählige Möglichkeiten, um sich aktiv die Zeit zu vertreiben. Sei es zu Fuß auf befestigten Winterwanderwegen mit knapp 22 km Gesamtlänge oder mit Schneeschuhen quer durch die malerische Winterlandschaft, per Schlitten auf der 3,7 km langen Naturrodelbahn oberhalb der Jausenstation Stockerhütte oder mit den Langlaufski auf den über 25 km gespurten Loipen.
Für Anhänger des alpinen Skifahrens und Freeridens steht das kleine, aber feine Ankogel Skigebiet mit knapp 18km ungestörtem Pistenvergnügen zur Verfügung. Das eigentliche Aushängeschild sind aber die unzähligen Möglichkeiten, sich auf Tourenski in die Höhe zu arbeiten und die umliegende Bergwelt aus eigener Kraft zu erobern.
Je nach Wetterlage ist das südliche Grenzgebiet zwischen Kärnten und Salzburg mal mehr und mal weniger mit frischem Powder gesegnet. Dennoch kann Mallnitz durchaus als schneesicher bezeichnet werden. Von der einfachen Skitour mit anschließendem Einkehrschwung in einer urigen Berghütte bis hin zur rassigen Skibergsteigerei mit Überschreitung des Alpenhauptkamms in Richtung Bad Gastein ist im Grunde genommen alles möglich. Langweilig wird es hier also niemanden so schnell. Und falls doch, dann lohnt sich immer noch ein Besuch im Tauernbad Mallnitz, um sich mit Saunagängen oder Massagen die Zeit zu vertreiben und so richtig die Seele baumeln zu lassen.
Skitouren-Eldorado und unberührter Naturschnee bis ins Tal
Auch wenn selbst in Mallnitz die Schneekanonen inzwischen Einzug gehalten haben, so zeichnet das Wintersport-Domizil aber vor allem der natürliche Naturschnee aus, der das Bergsteigerdorf jedes Jahr aufs Neue für mindestens drei komplette Monate fest im Griff hat. So können Skitourengeher bei guten Bedingungen problemlos direkt von der Haustüre ihrer Unterkunft aus starten oder je nach Länge der Tour ein gutes Stück mit dem Skitouren-Taxi bewältigen. Denn gerade die lang gezogenen Talausläufer bedeuten nicht selten eine elendige Hatscherei, die bei schlechter Schnee- und Wetterlage schnell einmal zum Gewaltmarsch ausarten kann.
Skitour zur Hagener Hütte bei Mallnitz
Zu einem der beliebtesten Ziele überhaupt zählt wohl die Skitour hinauf zur Hagener Hütte, die mit sanft ansteigendem Terrain und knapp 1.100 Höhenmetern auch für weniger erfahrene Tourengeher geeignet ist. Los geht’s direkt an der Jausentation Stockerhütte, von wo aus man sich entlang der Naturrodelbahn und über den Forstweg bis hinauf zur Jamnigalm nach oben schiebt. Dort angekommen weitet sich das Tal und gibt den Blick auf eine traumhafte Berglandschaft frei.
Wer sich nicht spätestens hier in die Kärntner Bergwelt verliebt hat, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Unberührte und unverspurte Hänge soweit das Auge reicht. Nach etwas mehr als drei Stunden liegt das Ziel auf knapp 2.446 Metern Höhe zum Greifen nahe, wo die Hagener Hütte des Deutschen Alpenvereins (DAV) den Übergang zwischen dem Mallnitzer Tauerntal und dem Gasteiner Naßfeld markiert. Hartgesottene können hier bei Bedarf ihr Nachtlager bzw. Basecamp aufschlagen, allerdings bietet der recht neu eingereichtete Winterraum leider keine Möglichkeit zum Kochen oder Heizen.
Zurück geht’s dann entweder wieder der Aufstiegsspur folgend oder über die rechter Hand gelegene Rinne, die hinab zum namensgebenden Tauernbach führt und bei großen Neuschneemengen durchaus mit Vorsicht zu genießen ist. Wer sich hier nicht wirklich sicher ist, sollte am besten nicht in den Hang einfahren oder zumindest auf das Know-How eines ansässigen Berg- und Skiführers wie Klaus Alber setzen. Als Local kennt der hauptberufliche Hotelier die umliegende Bergwelt wie seine eigene Westentasche und hat neben viel Lawinenwissen immer auch eine Flasche warmen Tee mit im Gepäck.
Nach knapp 5 Stunden ist man dann wieder zurück im Tal, wobei Splitboarder wie wir es sind auf dem letzten Flachstück hinüber zur Jamnig Alm durchaus etwas länger und vor allem gute Nerven brauchen. Dafür bleibt am Ende dieser traumhaften Skitour aber zumindest das gute Gefühl, auf einsamen Pfaden eine alpine Perle in ihrer schönsten Form gefunden und für andere Entdecker weitestgehend unberührt zurückgelassen zu haben.