Eigentlich bin ich ja nicht so der Typ für Fernreisen. Und zugegeben, ich war noch nie in meinem Leben soweit weg von daheim, wie während unseres dreiwöchigen Nepal-Trips. Aber als leidenschaftlicher Bergsportler kommt man nun mal nicht am Mount Everest und folgerichtig auch nicht an Nepal vorbei. Spätestens mit dem Klassiker „Into thin air“ von Jon Krakauer und den dramatischen Szenen am höchsten Berg der Welt im Jahr 1996 war das Naturphänomen Himalaya auch in meinen Fokus gerückt. Mein Tellerand – vollbepackt mit köstlichem Kaiserschmarrn – reichte bisher gerade einmal bis zu den Alpen. Und das reichte mir voll und ganz. Wozu weit reisen, wenn man die Berge mehr oder weniger direkt vor der Haustüre hat? Warum sich mit Händen und Füßen durch die Gegend fragen, wenn ich in den Alpen einfach nach dem Weg fragen kann? Vielleicht war es die unterschwellige Angst vor der Fremde oder vor einem so langen Flug, die mich bisher von einer solchen Reise abgehalten hat. Oder war es doch die eigene Bequemlichkeit? Was auch immer mich letztendlich davor zurückschrecken ließ, der Mountainbike-Streifen „Where the trail ends“ fegte mit Bildgewalt selbst die letzten Zweifel binnen von Sekunden beiseite. Der Entschluss war gefasst: Nepal wir kommen.
Das war im Dezember 2012. Drei Monate später waren die Flüge gebucht und unsere Trekkingtour durch die Annapurna-Region zumindest in groben Zügen geplant. Fehlte nur noch das nötige Equipment, das wir in den noch verbleibenden Monaten bis zu unserem Abflug zusammentragen mussten – ergänzt durch ein paar Testutensilien. Im September 2013 standen Vroni und ich dann am Münchner Flughafen, zwei bis zum Deckel voll bepackte Rucksäcke vor uns. Zwar immer noch mit etwas Muffensausen ob der Fliegerei, aber mit großen Erwartungen und genug Vorfreude im Gepäck. Hier gibt’s den Reisebericht, was wir im Land der 8.000er Gipfel alles erlebt haben. Hier könnt ihr euch auch noch einmal die komplette Packliste für unseren Nepal-Trip 2013 herunterladen: www.airfreshing.com/Packliste.pdf. Hier gibt’s den GPS-Track zur Annapurna-Sanctuary: www.gpsies.com/annapurna_sanctuary
Tag 1 bis 3 – von München nach Kathmandu:
Ganze 15 Stunden Flugzeit lagen vor uns, als wir bei gut 10 °C Außentemperatur und Nieselregen um 20 Uhr in den Flieger stiegen. Da es von Deutschland keine direkte Flugverbindung nach Kathmandu gibt, mussten wir in Mumbai einen fünfstündigen Zwischenstopp einlegen. Für Flughafen doch eher unüblich konnten wir hier auf bequemen Liegen ein paar Minuten Schlaf nachholen. Anschließend ging es umso schneller weiter in Richtung Kathmandu. Nach gerade einmal zwei Stunden erreichten wir um 9 Uhr Ortszeit die quirlige Hauptstadt von Nepal. Erschlagen von schwülen 32 °C füllten wir unser Visum aus und tauchten danach mit dem Taxi das erste Mal in das chaotische Stadtleben ein. In Thamel angekommen, dem von Touristen bevorzugten Stadtteil, ließen wir die ungewohnte Szenerie und den Lärm erst einmal auf uns wirken. Zwei Tage wollten wir hier verbringen, um uns zumindest mental auf Land und Leute einstellen und die nötigen Besorgungen (Permits, Gaskartuschen, etc.) vornehmen zu können.
Kathmandu ist laut, stickig und voller Leben. Die größte Stadt des Landes hat es definitiv in sich. Wer hier „überleben“ will, muss sich in jeder Hinsicht ein dickes (Trommel)Fell zulegen – sei es wegen der vielen Weggefährten, die sich als „Freunde“ vorstellen und natürlich vollkommen selbstlos die Gegend zeigen wollen. Oder aufgrund des für uns Europäer nicht nur wegen des Linksverkehrs ungewohnten wuseligen Treibens auf den Straßen. In den zum Teil extrem engen Gassen geht es zu wie auf einem türkischen Basar. Überladen mit kleinen Läden, die von Gewürzen über Elektrogeräten bis hin zu billigen Imitaten bekannter Outdoormarken alles feilbieten was das Herz begehrt. Will man dem Trubel entkommen, hilft nur noch ein beherzter Sprung in eines der zahllosen Taxis, die an jeder Ecke scheinbar nur auf uns Touristen gewartet haben. Geradezu still ist es hingegen auf der zentral gelegenen Anhöhe, wo der sogenannte „Affentempel“ weithin sichtbar über der Dunstglocke der Stadt thront. Von hier aus bietet sich ein fulminanter Blick über die Dächer von Kathmandu, den wir bei einem zünftigen Bier mit dem passenden Namen „Everest“ genossen.
Genauso schmutzig wie die Stadt präsentierte sich auch unser Zimmer – ein erster Vorgeschmack auf das, was uns später an hygienischen Herausforderungen noch erwarten sollte. Dem nicht genug überfielen uns in der ersten Nacht bissige Bettflöhe, die bei Vroni schmerzhafte Spuren hinterließen. Da hilft nur Augen zu und durch. Das Licht schaltet sich ja sowieso von alleine ab, schließlich zählt ein totaler Stromausfall in Nepal zur Tagesordnung. Viele Gründe, um dem Großstadtleben schnell zu entfliehen. Nachdem wir alle Formalien im „Tourist Information Board“ hinter uns gebracht hatten, hielten wir unsere Permits sowie die TIMS-Cards in den Händen – unsere Eintrittskarten in die große Welt der Berge, ohne die wir die Annapurna-Region gar nicht erst betreten dürften.
Tag 4 bis 5 – von Kathmandu nach Pokhara:
Punkt 6.30 Uhr saßen wir im „Local Tourist Bus“ nach Pokhara, dem Ausgangspunkt unserer geplanten „Annapurna Sanctuary“. Von dort aus ist es „nur“ noch ein Steinwurf bis zu den größten Bergen unseres Planeten. Vor uns lagen rund 7 Stunden Busfahrt, die im wahrsten Sinne über Stock und Stein führten. Nepal besitzt gefühlt gerade einmal zwei Hauptstraßen, über die sich ein Großteil aller Fahrzeuge Stoßstange an Stoßstange von A nach B schiebt. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von sage und schreibe rund 40 km/h. Am Fenster vorbei zog eine sagenhaft grüne Landschaft, die so rein gar nichts mit dem hinter uns gelassenen Chaos von Kathmandu zu tun hatte. Am Horizont hingen schwer die Wolken und gaben gelegentlich den Blick auf gepuderte Gipfel frei – zum Greifen nah und doch so weit entfernt.
Nach unzähligen Pinkelpausen, noch mehr Polizeikontrollen (offizielle Touristenbusse dürfen wohl ausschließlich Touristen befördern) erreichten wir schließlich Pokhara. Dass hier die Hauptaison noch bevorzustehen schien, bemerkten wir direkt nach Verlassen unserer Sitzplätze. So fühlen sich also Prominente, wenn Sie von Paparazzi umgarnt werden. Mindestens ein ganzes Dutzend an Hotelbesitzern und Taxifahrern versuchten uns etwas aufzudrängen – die Schattenseite des Touristen-Daseins in solch einem armen Land. Unbeeindruckt ließen wir uns von einem „hotel with a very big garden“ überzeugen und staunten nicht schlecht über die sauberen Bettbezüge sowie den tatsächlich einladenden Garten vor dem Balkon. Pokhara ist im Vergleich zu Kathmandu ein fast schon dörflich anmutendes Städtchen und präsentiert sich mit weitaus gechillterem Flair. Nicht nur der von den Bewohnern als Heiligtum verehrte Phewa-See entschädigte für die bisherigen Strapazen, auch die Mentalität der Menschen generell.
Um uns auf die noch folgende Tour durch die Annapurna-Region vorzubereiten, erklommen wir die Weltfriedensstupa, die hoch oberhalb des Sees einen herrlichen Blick über Pokhara verspricht. Gutes Wetter vorausgesetzt, kann man von hier aus bereits die 8.000er Gipfel des Himalaya erblicken. Eine von uns geplante und laut Reiseführer auch mögliche Umrundung des Phewa-Sees blieb uns leider verwehrt, da wir schlichtweg den Weg nicht finden konnten. Na das kann ja noch was werden. Hoffentlich kein schlechtes Omen!?
Tag 6 bis 13 – von Pokhara zum Annapurna Basecamp und zurück:
Ein winzig kleines Taxi brachte uns und ein holländisches Pärchen samt Gepäck zum Einstieg unserer Annapurna-Sanctuary. Nicht wie ursprünglich geplant nach Pedi, sondern zum viel weiter entfernten Örtchen Gorapani. Von dort aus stapften wir in der Folge acht mühsame Tage lang in Richtung Annapurna Base Camp – über den unter Touristen beliebten „Poon Hill“, die „Höllentreppen“ von Chomrong bis hinauf zum Fuße der gewaltigen 8.000er Gipfel, wo gerade die Kletterlegende Ueli Steck die Zelte für seinen eher ungeplanten Alleingang über die Südflanke hinauf zur Annapurna I errichtet hatte.
Unterwegs kämpften wir mit vielerlei Herausforderungen wie gierigen Blutegeln, tropischen Temperaturen und schweißtreibenden Treppen, die schier endlos schienen. Wir genossen Ausblicke, die wir noch nie zuvor gesehen hatten. Lernten Menschen kennen, die wenig haben und dennoch viel geben. Wir tranken auf über 3.600 Höhenmetern Dosenbier, hätten W-LAN nutzen oder eine „Hot Shower“ in Anspruch nehmen können. Am Ende kamen wir entrückt von der Zeit und tief bewegt durch die gesammelten Eindrücke an unserem eigentlichen Startpunkt an. Der Taxifahrer wartete schon wie bestellt am „Ausstieg“ und wir ließen ihn gewähren. Ingesamt 100,72 km Wegstrecke und rund 9.500 Meter gemeisterte Höhenmeter im Gesamtanstieg (9.640 Meter im Abstieg) mussten wir erst einmal verarbeiten. Auch in Form eines separaten Tourberichts.
Tag 14 bis 19 – von Pokhara zum Bardia National Park:
Den weiten Weg in den westlich gelegenen Bardia National Park nehmen nur die wenigsten Touristen auf sich. Vermutlich liegt es an der rund 15-stündigen Busreise, die jeder auf sich nehmen muss und die quer durch das gesamte Land führt. Schneller geht es nur mit dem Flugzeug von Kathmandu aus. Nichtsdestotrotz entschieden wir uns – wie kann es auch anders sein – ganz im Stil der Locals zu reisen. Ein Vorhaben, das wir mit wunden Hinterteilen, Schlafmangel und schriller Bollywood-Musik quittieren mussten. Immerhin hielt der Bus unterwegs mehrfach an, damit die Fahrgäste die Örtlichkeiten aufsuchen konnten. Was eine Mutter dennoch nicht davon abhielt, ihr Kind direkt in den Bus pinkeln zu lassen – nichts für schwache Blasen… äh… Nerven also. So jagten wir denn durch die pechschwarze Nacht, rumpelten an unzähligen Straßensperren der nepalesischen Armee vorbei und tuschierten aufgrund der engen Straßen ein ums andere Mal den Gegenverkehr. Immer mit einem wachen und einem schlafenden Auge, um die Ankunft am Zielort nicht zu verpassen.
Dafür bietet die unberührte Natur des Nationalparks ein völlig anderes Bild von Nepal. Eine einzige grüne Oase breitete sich vor unseren Augen aus, durchzogen von sanft dahinfließenden Kolas (nepal. für Fluß) und sich bis zum Horizont ausdehnenden Reisfeldern. Der Zutritt zum Naturschutzpark ist allerdings nur in Begleitung eines Guides gestattet und für Touristen in Kombination mit dem obligatorischen Permit ein recht kostspieliges Vorhaben. Mit soviel Bargeld und speckigen Banknotenbündeln waren wir bisher noch in keinem Land unterwegs. Dennoch stapften wir auf dem Rücken eines Elefanten durch dichte Tropenwälder und entlang unscheinbar verzweigter Pfade, bis wir schließlich auf eine Nashornmutter und ihr Junges trafen. Eine gefährliche Begegnung, die selbst unseren Guide unruhig werden ließ. Leider oder zum Glück zogen es die Tiger bei unserem Besuch vor, aufgrund des schwülwarmen Wetters im schattigen Dickicht zu bleiben. Selbst die Kaimane tauchten lieber wieder im kühlen Flussbett ab und überließen es den zahllosen Affen, unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Eine spannende und zugleich zermürbende Safari für jeden, der nicht gerade mit Geduldigkeit als Charaktereigenschaft gesegnet wurde. Zum Ausgleich ließen wir unsere müden Glieder in den Hängematten unserer Lodge baumeln und bereiteten uns mental auf die 14-stündige Rückreise vor.
Tag 20 bis 23 – vom Bardia National Park nach Kathmandu:
Auch die Rückfahrt nach Kathmandu gestaltete sich nicht wesentlich komfortabler. Zumindest entschädigte uns der Anblick der vorbeirauschenden Landschaft, die wir bei der Hinfahrt nicht sehen konnten. In rasantem Tempo kurvten wir in Richtung Hauptstadt und verloren unterwegs sogar einen Teil unserer Windschutzscheibe. In Nepal noch lange kein Grund, die Fahrt zu unterbrechen. Nach einer erneuten 14-stündigen Rally erreichten wir schließlich Kathmandu und ließen uns diesmal in die Betten eines unter Bergtouristen beliebten Hotels im Botschaftsviertel Patan fallen. Eine Wohltat nachdem wir über mehr als zwei Wochen zumeist in bescheidenen Unterkünften Quartier beziehen mussten. Von hier aus wollten wir unseren Nepal-Trip ausklingen lassen und zumindest noch einigen der obligatorischen Touristenziele einen Besuch abstatten.
Hierzu zählten unter anderem eine der weltgrößten Stupas in Boudha, die wir von einer der zahlreichen Dachterrassen der umliegenden Cafés bestaunten. Anschließend unternahmen wir noch einen kurzen Abstecher zum einzig noch unbebauten Hügel der Stadt, von wo aus wir einen Blick auf die heiligen Stätten des Unesco-Weltkulturerbes Bashupatinath werfen konnten. Ein Besuch des berühmten Durban-Square, dem Palast aus Zeiten der königlichen Dynastie, lohnt sich nur für kulturhistorisch Interessierte. Wer nur einmal über den Platz schlendern und einen Blick auf die wunderschön von Hand geschnitzten Holzfassaden der Paläste werfen will, muss als „Ausländer“ verhältnismäßig viel Geld zurücklassen. Zumal einzelne Gebäude sowie das Museum noch einmal zusätzlichen Eintritt verlangen.
Gesättigt vom Touriflair entflohen wir der Dunstglocke Kathmandus mit dem Bus nach Nargarkot, um von einem Aussichtspunkt aus ein letztes Mal die höchsten Berge und vielleicht auch den Gipfel des Mount Everest zu sehen. Doch wie schon am „Poon Hill“ blieb uns der Blick aufgrund einer dicken Wolkendecke verwehrt. Dafür breitete sich vor uns die Tiefebene des Kathmandu-Tals aus, als wir über den wunderschönen Höhenweg zurück nach Bhaktapur wanderten. Ein sehenswertes Abschiedsgeschenk. Wäre da nicht der Milchkaffee am Morgen gewesen, der heftig im Magen rumpelte. Nach drei Wochen der Vorsicht hatte es uns nun doch erwischt. Da hilft nur noch Weißbrot und jede Menge Cola.
Tag 24 – von Kathmandu nach München:
Fünf Kilo weniger auf den Rippen und beladen mit jeder Menge Eindrücke ging es schließlich zurück nach München – mit einem siebenstündigen Zwischenstopp in Neu-Dehli. Zeit genug also, um sich mental von Nepal zu verabschieden und gedanklich auf die Rückkehr einzustellen. Schon komisch, mit wie wenig wir ausgekommen sind. Gerade einmal einen Rucksack voll. Und wir hätten im Traum nicht daran gedacht, dass wir uns bei unserer Ankunft in München so fremd fühlen würden. Alles war so sauber und der Anblick von Menschen in Wiesntracht überaus verwirrend. Ganze drei Wochen sollte es dauern, bis wir uns wieder eingelebt und an das Leben daheim gewöhnt hatten. Genug Zeit, um Bilder und Gedanken zu sortieren. Genug Abstand, um das Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen und in Worte zu fassen, sofern das überhaupt möglich ist. Zumindest meine „Fernreise-Phobie“ konnte ich ablegen und das Ziel unserer nächsten Reise festlegen: Nächstes Jahr geht’s nach Kanada.
Wir bedanken uns für die Unterstützung und unser Testequipment:
Auch wenn wir auf der Annapurna-Sanctuary gänzlich ohne Zelt auskamen und die Trekkingtour eher einer anspruchsvollen Wanderung glich, wollen wir allen PR-Agenturen und Outdoormarken ganz herzlich für die Unterstützung danken. Ohne das nötige Equipment hätte alles nur halb so viel Spaß gemacht. Von ultralight bis ultrafunktional war alles dabei und ersparte uns so manches Gramm, das wir sonst hätten zusätzlich mitschleppen müssen. Folgendes Testequipment hatten wir mit dabei:
Bekleidung:
– Terra Stretch Softshellhose von Montane
– Realfleece 260 Cascade Zip-Hoody Women von Icebreaker
– Cupron Socken Midweight von Source
Rucksäcke und Packsack:
– Kyte 66 von Osprey
– Contour 60 von Gregory
Schlafsäcke:
– Infinity von Rab
– Alpine UL von Mammut
Kocher und Verpflegung:
– Elektra FE Cook System von Optimus
– Fertiggerichte von Trek’n’Eat
Trinksysteme, Filter und Wasserversorgung:
– Mini-Wasserfilter von Katadyn
– Micropur-Tabletten von Katadyn
– 2L-Widepac Trinksystem von Source
Sonstige Ausrüstung:
– Eneloop Batterien von Sanyo
– Multitool MP1 von Gerber