Eventbericht – Snow & Safety Conference 2013 in Lech-Zürs: FWT-Champion Nadine Wallner im Interview über Workshops für mehr Lawinensicherheit

von | 19. Februar 2014 | Eventberichte, Events, Interviews und Potraits

Bereits zum zweiten Mal fand Anfang Dezember 2013 im Freeride-Mekka Lech-Zürs am Arlberg die Snow and Safety Conference statt. Wir waren für euch dabei und wollen nun auch darüber berichten. Denn die dort behandelten Themen werden dank der aktuellen Schneesituation in den östlichen Alpenregionen erst jetzt so richtig interessant. Abgesehen davon hatten wir die amtierende Gewinnerin der Freeride Worldtour 2013, Nadine Wallner im Interview.

Lech-Zürs am Arlberg – Mekka für Freerider und Skitourengeher

Mit der neuen Verbindung von Lech-Zürs und Warth-Schröcken durch den Auenfeldjet zählt der Arlberg mit seinen rund 200 Kilometer langen Tiefschneeabfahrten zu den aktuell wohl gefragtesten Wintersportregionen der Welt. Der ultimative „Powder-Spaß“ setzt allerdings auch risiko- und pflichtbewusstes Verhalten voraus, vor allem abseits präparierter Pisten. Doch der Arlberg gilt nicht erst seit kurzem als absolute Domäne der österreichischen Freerider.

Eventbericht - Snow & Safety Conference 2013 in Lech-Zürs: FWT-Champion Nadine Wallner im Interview über Workshops für mehr Lawinensicherheit

© christiankain.com

Spätestens mit dem Skifilm „DASEIN“ der beiden österreichischen Top-Profis Stefan Häusl und Björn Heregger wurde diesem Spot ein cineastischer Gedenkstein gesetzt. Passend zum kongenialen Stelldichein von Profi-Freeridern wie Lorraine Huber, passionierten Freifahrern jeder Couleur und der Freeride Equipment-Industrie schickte uns Orkantief „Xaver“ jede Menge Input. Und dementsprechend auch jede Menge Windverfrachtungen hinter den Geländekanten und ordentlich Neuschnee – damit direkt einmal klar wird, worum es beim Thema „Snowsafety“ gehen soll.

Hands on beim Snow and Safety Conference Workshop in Lech-Zürs:

Nach der überaus positiven Ressonanz für die erste Austragung der Snow & Safety Conference im Jahr 2012 hatten wir die Gelegenheit, beim zweiten Think Tank zum Thema “Lawinenschutz” und „Freeride“ bzw. „Off-Piste fahren“ mit dabei sein zu dürfen. In zahlreichen hochkarätig besetzten Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen erhalten Tiefschnee-Fans die Möglichkeit, sich umfassend über wichtige Aspekte der Lawinenprävention zu informieren.

Wer nun denkt, dass es dabei nur um reine Theorie ging, der hat den Begriff des „WORKshops“ nicht ganz verstanden. So wurden rund ums Thema Freeriding  LVS-Trainings absolviert, Rucksäcke ausgebuddelt und bei einem Ausflug ins offene Gelände hilfreiche Sicherheitstipps von Profis gegeben. Das „LineUp“ wurde durch Snowboard Freeride-Legende Flo Orley und Fachreferenten wie dem Tiroler Patrick Nairz (Lawinenwarndienst Tirol) oder Stefan Larcher (ÖAV Leiter Abteilung Bergsport) bestens abgerundet.

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Windverfrachtungen hinter Geländekanten… na, schon einmal davon gehört? Genau, das ist der Stoff aus dem Alpträume gemacht sind. Die Bedingungen zur Snow und Safety Conference 2013 hätten an diesem Wochenende „schlechter“ nicht sein können, wodurch sie zugleich auch besonders gut waren. Denn so konnten wir direkt einmal überprüfen wie fit wir in punkto Lageeinschätzung vor Ort, Verschüttetenbergung eigentlich sind. LVS-Gerät, Avalung, ABS-Lawinenairbag – alles Vokabeln, die sich gut runterspulen lassen. Wer sich aber beim Thema Lawinengefahren rein auf die bloße Technik verlassen will, ist nach wie vor schlecht beraten – unsere erste und nicht unbedingt neueste Erkenntnis an diesem Wochenende.

Allerdings befindet sich das vor allem unter Freeridern beliebte ABS-System mittlerweile so lange am Markt, dass verlässliche und verwertbare Zahlen vorliegen. Sie können beweisen, dass über 95% aller Lawinenunfälle dank Lawinenairbag nicht tödlichen verlaufen sind. Dementsprechend ließ sich auch in Lech-Zürs einen klarer Trend hin zu diesem System feststellen. Aber auch die zur obligatorischen Sicherheitsausrüstung zählenden Lawinenschaufel und Sonde werden wieder als Werkzeuge angesehen und es ist eine Abkehr vom „Lightweight“-Ansatz hin zu maximaler Funktionalität zu verzeichnen.

Know your Buddies – Safety-Check als Lebensversicherung

Bei Freeride-Aktionen im Backcountry kommt es nicht selten vor, dass das Thema Safety-Check unter Freunden eher stiefmütterlich behandelt wird. Eine simulierte LVS-Suche vor dem Start einer Tour, um warm zu werden, ist nicht selten nur bei vorangehenden Telefonaten noch ein Thema. Sobald alle auf die Bretter gesteigen sind, wird es von den meisten leider schnell wieder vernachlässigt. Und wer sich Freerider nennen will, aber zuvor den aktuellen Lawinen-Lagebericht gar nicht erst gelesen hat, der ist maximal Anfänger – ganz klar.

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Hausaufgaben, erster Teil: Du kennst deine Kumpel echt gut und ihr seid bereits seit Jahren gemeinsam unterwegs? Klaro! Aber was ist, wenn dich oder euch doch einmal eine Lawine mitgerissen hat? Weiß jeder dann genau, was zu tun ist? Schon einmal den Ernstfall durchgspielt? Überhaupt schon einmal über diese Möglichkeit gesprochen? Freeriden und Powderaction bei besten Bedingungen ist exakt das, worum es uns allen geht. Und das zu recht. Aber bist du bzw. seid ihr als Team auch soweit präpariert, dass du/ihr im Fall der Fälle optimal reagieren könnt und jeder weiß, was bei einem Lawinenunfall zu tun ist – bestenfalls ohne große Worte?

Man mag es kaum glauben, aber es ist leider wahr – schon die Abrisskante eines fünf Meter messenden Schneebretts reicht aus, um einen Menschen komplett zu verschütten oder ihm einfach nur ein Bein zu brechen – was ebenfalls zu vermeiden gilt. Aus diesem Grund empfehlen wir jedem Backcountry-Fan, regelmäßig die LVS-Ausrüstung zu überprüfen und das eigene Wissen bei einem Lawinenkurs aufzufrischen. Das ist das mindeste, was jeder für die eigene Sicherheit und die der Buddies tun kann.

Interview mit Nadine Wallner – Freeride Worldtour Championess 2013

Nadine Wallner ist Arlbergerin und Mitglied der lose orgenisierten Freeridegang: „Gnarlberg Steinbocks“. Die RedBull-Athletin konnte 2013 die Freeride Worldtour für sich entscheiden und ist somit die amtierende Championess. Die gebürtig aus Klosters stammende Tochter eines Bergführers, hat schon in sehr jungen Jahren ihren ersten Viertausender bestiegen und kam ganz organisch zum Ski-Freeriding – was einfach perfekt zu ihrer tiefenentspannten, natürlichen Art passt.

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© christiankain.com

Nicht nur im Interview zeigte sie sich straight, klar und aufgeräumt, sondern bei der Leitung des von uns absolvierten LVS- und Freerideworkshop. Skills die eine Profi-Riderin wie sie eine ist für millisekundengenaue Entscheidungen im Backcountry einfach gut gebrauchen kann.

Hat der 2013 gewonnene Titel dein Leben grundsätzlich stark verändert was z.B. Anfragen für Filmdrehs oder Kooperationen betrifft?
Es ist schon mehr geworden im Vergleich zu den letzten zwei Jahren. Allerdings achte ich auch darauf, dass mein Studium und das Skifahren an sich dabei nicht zu kurz kommen. Da sage ich – soweit ich es überhaupt kann – durchaus auch mal ab, wenn es mir gerade zeitlich nicht reinpasst.

Wenn Du die Zeit zum Freeriden und zum Enstspannen alleine oder mit den „Gnarlbergs“ findest, worauf kommt es dir dann besonders an?
Mir ist es einfach wichtig, so fahren zu gehen, wie ich es schon immer bertrieben habe. Ich denke da nicht viel drüber nach, sondern konzentriere mich auf die Bedingungen und das Erlebnis im Schnee und am Berg. Mit den Gnarlbergleuten ist es eine einzige innige Beziehung was das Verständnis der Sache angeht. Wir wissen genau worüber wir reden, wenn es um das Freeridethema geht – dann wir halt g’fahre.

Das ganze Thema ist ja sehr material- und technologiegetrieben. Nimmst du das als Profi überhaupt noch wahr oder siehst du eher die Rider und das was die machen und in diesem Zusammenhang auch das, was du machst?
Wenn wir am Arlberg fahren, dann steht ganz klar das im Fokus, worum es beim Freeriden gehen sollte: Nämlich die Aktion, sich in hochalpinem Gelände mit dem Element Wasser in Form von Schnee auseinanderzusetzen. Der Film „Dasein“, den zwei Freunde von mir gedreht haben, zeigt das eigentlich auf eine Weise, die keine Erklärung mehr benötigt. Das ist authentisch. Sicher sind wir auf die Technologieentwicklung im Skibereich angewiesen, aber ich empfinde das eigentlich eher als Mittel zum Zweck.

Was sagst du zum Thema Freeride als olympische Disziplin?
Das muss sich zeigen. Generell finde ich den Competition-Gedanken nicht schlecht, aber man muss beobachten in welche Richtung sich das ganze entwickelt. Eine reine leistungsorientierte Ausrichtung, die dem Thema Style und Soul nicht entgegenkommt, fände ich der Entwicklung der Sache eigentlich nicht zuträglich – wir wollen ja keine alternativ gekleideten Alpin-Skier werden.

Hast du mitelfristtige Vorhaben, von denen du uns hier berichten möchtest?
Wenn es sich ausgeht, werde ich versuchen, mehr zum Freeriden zu kommen – also ohne Shootings im Genick. Einfach, um mehr auszutesten und mich weiterzuentwickeln. Im Zusammenhang mit dem Skifilm „Shades of Winter“ von Sandra Lahnsteiner wird einiges passieren. Soviel ist sicher. Und ich plane darüber hinaus auch noch alpinere Geschichten, wo durchaus auch mal der Eispickel zum Einsatz kommen wird.

Noch eine letzte Frage: Du hast das Reisen für Dich entdeckt? Wo ging oder zieht es dich hin?
Nach Portugal und vor allem Bali. Dort habe ich meine Liebe für das Wellenreiten entdeckt, was mir unglaublich taugt!