Laut der Berichterstattung diverser Medien, darunter auch die Himalayan Times, soll der Extrembergsteiger Ueli Steck aus bisher ungeklärten Gründen tödlich abgestürzt sein. Der auch unter dem Synonym „Swiss Machine“ bekannte und vieldotierte Alpinist war demnach auf dem Weg zum Camp II am Nuptse (7.861 m), der sich in unmittelbarer Nähe zum Mount Everest (8.848 m) befindet, um einen geplanten Rekordversuch vorzubereiten. Bei einer relativ ungefährlichen Übung muss der Schweizer dann wohl ausgerutscht und rund 1.000 Meter in die Tiefe gestürzt sein. Ueli Steck hinterlässt seine Frau Nicole. Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt ihr sowie der gesamten Familie und allen Angehörigen.
Rekordhalter aus Leidenschaft zum Extremen
Ueli Steck gilt nicht erst seit seinem Speedrekord für die Begehung der Eiger Nordwand und der Absolvierung aller 82 4.000er Gipfel in den Alpen in nur 61 Tagen im Jahr 2015 zu den (Über)Größen des Alpinismus. Auch darüber hinaus erlangte der nur 41 Jahre alt gewordene Schweizer eine enorme Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. So wird dessen erfolgreiche Solo-Besteigung der Annapurna-Südwand im Jahr 2013 von seinen Kritikern bis heute angezweifelt. Die „Swiss Machine“ war und ist unumstritten einer der besten Alpinisten der letzten Jahrzehnte und verschob immer wieder aufs Neue die Grenzen des menschlich Möglichen. So wollte er im Rahmen seines neuesten Rekordversuchs erst den Gipfel des Mount Everest über die bisher nur einmal durchstiegene Hornbein-Route erreichen, um von dort aus hinüber zum benachbarten Gipfel des Lothse zu queren und auf direktem Wege über den Süd-Col zurück zum Basecamp zu gelangen – innerhalb von nur 48 Stunden und ohne Hinzunahme von künstlichem Sauerstoff.
Eiserne Disziplin und ein noch größerer Wille – ein persönlicher Kommentar
Es war im September 2013 als wir auf dem Annapurna Curcuit das Basecamp am Fuße des 8.000ers erreichten und uns wunderten, wieso hier so viele Zelte standen. Schon auf dem Weg nach oben wurde gemunkelt, dass irgendein Europäer eine Expedition planen würde und demnächst die Südwand hinauf zum Gipfel durchsteigen wolle. Dass es sich dabei um Ueli Steck handeln würde, konnte ja keiner ahnen. So verstand es sich von selbst, dass neben einem geschossenen Foto auch ein paar Gespräche geführt werden mussten. Im Gespräch wurde damals recht schnell deutlich, mit wieviel Energie das Schweizerische Idol seine Ziele verfolgt. Beeindruckend und verstörend zugleich, denn diesem Ehrgeiz sollte sich besser niemand in den Weg stellen – erst recht nicht die nepalesischen Behörden.
Ueli Steck war also schon immer ein Grenzgänger. Vielleicht auch mit ein Grund, wieso er udn sein Tun von so manchem recht kritisch beäugt wurde. Man erinnere sich nur an die Auseinandersetzungen mit Sherpas im Everest Basecamp, wobei er gemeinsam mit Simone Moro in eine Schlägerei geriet. Dennoch sollte man sich ein Beispiel an ihm nehmen, der „erst“ im Alter von 18 Jahren so richtig mit dem Klettern anfing und sich binnen kürzester Zeit zu einem der bedeutensten Alpinisten unserer Zeit emporkämpfte – allen Unkenrufen zum Trotz. Nun schmerzt der Gedanke, dass wir kein Interview mehr mit ihm führen werden und in Zukunft über keine seiner Rekordvresuche mehr berichten werden können. Und es macht umso trauriger, weil wir ihn persönlich kennenlernen durften. Mit Ueli Steck geht ein Mensch verloren, der vor allem durch seine Zielstrebigkeit und akribische Planung zeitlose Meilensteine im Alpinsport gesetzt hat. Aber in erster Linie steht er als herausragendes Beispiel dafür, was man mit purer Leidenschaft für die Sache erreichen kann. So soll er einst einmal gesagt haben: „Scheitern heißt für mich, wenn ich sterbe und nicht mehr heimkomme“. Dennoch würde ich nicht behaupten, dass er gescheitert ist. Vielmehr hat er sein Leben voll und ganz den Bergen verschrieben.