Laut eines Blogbeitrags der Berchtesgadener Land Tourismus GmbH sollen im Zuge von Sanierungsarbeiten am Watzmann rund 150 Meter Stahlseil entfernt worden sein. Am Ende sind es auf Nachfrage hin dann doch lediglich 60 Meter. Begründet wurde diese ungewöhnliche Maßnahme damit, dass die unter Bergtouristen äußerst beliebte Watzmann-Überschreitung in der Vergangenheit deutlich unterschätzt wurde.
Auf diesem Wege versucht man, gerade die weniger erfahrene Bergsportler wieder stärker für die alpinen Gefahren zu sensibilsieren. Nach außen hin spricht man am Königssee aber lieber von einer Rückkehr zur Ursprünglichkeit, die der bekannte Gipfelkamm im Verlauf der letzten Jahre aufgrund des dort herrschenden Massentourismus eingebüßt haben soll.
Weniger Seilversicherungen für mehr Sicherheit auf der Watzmann-Überschreitung
Mit den Worten: „Tausende Bergsteiger – und solche die es gerne sein wollen – überschreiten jedes Jahr den Watzmann auf dem schmalen Grat. Die hochalpine Tour ist eines der Highlights in den Alpen und lockt auch ambitionierte Wanderer, die eigentlich im extremen Gelände nichts verloren haben“, eröffnet Sepp Wurm, Social Media Spezialist beim Tourismusverband, seinen Blogbeitrag.
Laut seinen Schilderungen sollen die Verantwortlichen des Nationalpark Berchtesgaden sich zu diesem überraschenden Schritt entschieden haben, um die Überschreitung des Watzmanns deutlich anspruchsvoller zu gestalten. Demnach sorgen die hier installierten Versicherungen für eine „trügerische Sicherheit“ und würden all jene in die Berge locken, die von den alpinen Herausforderungen nicht selten überfordert sind.
Warum also diese ungewöhnlichen Maßnahmen? Auf Nachfrage beim Tourismusverband wurde uns mitgeteilt, dass es vor allem darum ginge, die Sensibilität für die alpinen Gefahren zu erhöhen. Schließlich erfordert die Überschreitung der drei Spitzen absolute Schwindelfreiheit und Trittsicherheit – besonders im Abschnitt zwischen Mittel- und Südspitze. Trügerischerweise wird die Watzmann-Überschreitung in manchen Blogbeiträgen und auf Websites gerne auch einmal als Klettersteig bezeichnet.
Ein Irrglaube, denn auf der rund vier Kilometer langen „Gratwanderung“ sind gerade einmal 700 Meter seilversichert. Durch den „Rückbau“ soll nun etwas gegen die vermeintliche Sicherheit getan werden, die viele Menschen angezogen haben, die den alpinen Herausforderung gar nicht gewachsen seien und „den Mangel an alpiner Erfahrung und bersteigerischem Können mit dem Einsatz eines Klettersteigsets kompensieren versuchen“. Auf diesem Wege will der Nationalpark Berchtesgaden also die Verhältnisse wieder zurecht rücken und aus der Überschreitung wieder das machen was sie in der Tat auch ist – eine hochalpine Bergtour.
Wichtige Fragen und Antworten zu den aktuellen Instandsetzungs-Maßnahmen am Watzmann-Grat
Knapp 7.000 Bergsteiger wurden am Watzmanngrat allein im Jahr 2015 gezählt, an Spitzentagen machen sich bis zu 300 vermeintliche Alpinisten auf den Weg zwischen Hocheck und Südspitze. Dabei hinterlassen diese ebenso Spuren an Seilsicherungen und Haken wie auch Mutter Natur bspw. durch Blitzschlag, Frost und Schneedruck. Gründe genug für Nationalpark-Team um Lorenz Köppl die Seilversicherungen zu renovieren und uns auf die wichtigsten Fragen ein paar Antworten zu den jüngsten Instansetzungsmaßnahmen zu liefern.
Welche Sanierungsarbeiten sind bei der Watzmann-Überschreitung bislang erfolgt?
Wir haben an fünf Arbeitstagen mit vier Kollegen zwischen Hocheck und Mittelspitze fast alle Seilversicherungen ausgetauscht und 20 Haken erneuert. Damit ist der meistbegangene Abschnitt auf den Hauptgipfel fertig saniert. Auf diesem Abschnitt wurden rund 60 Meter überflüssige Seilsicherungen in unschwierigem Gehgelänge abgebaut.
Wird die Überschreitung des Watzmanns nun schwieriger?
Nein, keinesfalls! Weder schwieriger noch anspruchsvoller. Alle schwierigen, bislang versicherten Stellen bleiben auch weiterhin versichert. In unschwierigem Gehgelände am Grat werden die Überschreiter künftig auch ohne Seilversicherung auskommen. Nach der Sanierung ist die Überschreitung sicherer. Aber dennoch muss der Watzmann als lange, hochalpine Gebirgsstocküberschreitung durchaus ernst genommen werden.
Wie waren die Rückmeldungen der Bergsteiger am Grat?
Eine lustige Begegnung hatte ich in dieser Woche: Ich habe bei der Mittelspitze zwei Bergführer getroffen, die öfter die Überschreitung mit Gästen führen. Die zwei haben uns mit der Bohrmaschine gesehen und bedauert, dass am Watzmann immer mehr Seilsicherungen angebracht werden. Sie haben offenbar gar nicht gemerkt, dass es weniger geworden sind…
Was steht noch auf dem Programm?
Die Arbeiten an einem so exponierten Ort wie dem Watzmanngrat sind eine große Herausforderung: sowohl konditionell als auch logistisch und natürlich das Wetter betreffend. Mit zunehmender Entfernung vom Hocheck wird der Transport des Materials schwieriger. In der kommenden Woche werden wir daher unser Materialdepot Richtung Südspitze verlagern. Geplant sind zwei weitere Arbeitstage mit drei Kollegen, dann sollte auch der Abschnitt zwischen Mittel- und Südspitze fertig sein.
Welche Maßnahmen sind auf diesem Abschnitt geplant?
Auch hier werden wir Seile und Haken erneuern. Außerdem werden wir den Seilverlauf an einer kniffligen Stelle direkt nach der Mittelspitze etwas nach unten verlegen. Das soll Bergsteigern den Abstieg in einen steilen Kamin erleichtern. Darüber hinaus werden wir einige zusätzliche Markierungen anbringen. Denn man glaubt es kaum, doch auch an einem Grat können sich Menschen verlaufen. Schwierige Stellen in der Wegfindung am Grat und auch am Abstieg von der Südspitze werden dadurch entschärft.
Bei der Watzmann-Überschreitung kommt das dicke Ende erst zum Schluss…
Das ist richtig, der Abstieg von der Südspitze ins Gries ist definitiv der schwierigste Teil der Überschreitung. Viele unerfahrene Bergsteiger glauben, dass sie den Watzmann mit Erreichen der Südspitze „erledigt“ haben. Hier sind aber oft Kondition, Konzentration und Trinkflaschen leer, es folgt aber noch ein steiler Abstieg über 1.300 Höhenmeter in größtenteils unversichertem Gelände hinunter ins Wimbachtal. Hier werden keine Sicherungen abgebaut, denn es sind eh nur wenige vorhanden.
Was ist dein Tipp für Watzmann-Aspiranten?
Eine gute Kondition und Fitness ist zwar wichtig, aber nicht allein entscheidend für die Überschreitung des Watzmanns. Entscheidend ist, dass man sich in felsigem und steilem Gelände sicher bewegen kann! Diese Fähigkeit sollte man sich unbedingt vorher aneignen! Denn das spart Zeit und Energie und gibt damit Sicherheit am Berg.
Die Watzmann-Überschreitung wird oft fälschlicherweise als Klettersteig bezeichnet…
Ja, leider. Das führt oft zu Missverständnissen. Fakt ist, dass auf rund vier Kilometern Gehstrecke zwischen und Hocheck und Wimbachgries nur rund 700 Meter seilversichert sind. Darauf müssen sich Bergsteiger einstellen.
Gibt’s Behinderungen für Bergsteiger während Arbeiten?
Für Bergsteiger gibt es bei der Überschreitung durch unsere Arbeiten keine Einschränkungen, vielleicht müssen sie an der einen oder anderen Stelle ein paar Minuten warten.
Quelle: Berchtesgadener Land Tourismus GmbH