Zu den absoluten Klassikern unter den Frühjahrsskitouren im Berchtesgadener Land zählt wohl mit Abstand jene aufs Dritte Kind. Die mittelschwere Skitour im Watzmannkar ist gerade deshalb so sehr beliebt, weil sie selbst bei kritischer Lawinenlage noch verhältnismäßig sicher ist und rein landschaftlich mit spekatulären Aussichten und Tiefblicken zum Königssee aufwarten kann.
Dritte Kind (2.165m) – Skitour im Watzmannkar
Je nach Witterung, Schneemenge und Lawinenlage ist die Skitour aufs Dritte Kind auch im Hochwinter machbar, birgt dann aber aufgrund der umliegenden Steilhänge ein erhöhtes Risiko.
Das gilt auch für die Frühjahrszeit, wenn aufgrund der tageszeitlichen Erwärmung von oben herabstürzende Steine und abrutschende Hanglawinen für zusätzliches Gefahrenpotenzial sorgen. Ansonsten erfordern „lediglich“ zwei Schlüsselstellen skifahrerisches Können sowie eine gute Spitzkehrentechnik, um das Watzmannkar sicher passieren und die Landschaft rund um das Wahrzeichen der Berchtesgadener Alpen in all seinen Facetten genießen zu können.
Gut zu wissen: Da es sich um eine beliebte Mode-Skitour handelt, kann an einem sonnigen Winter- oder Frühjahrswochenende durchaus die Hölle los sein. Los geht’s wahlweise am Wanderparkplatz Wimmbachgries oder am etwas höher gelegenen Parkplatz Hammerstiel. Egal welchen der beiden man ansteuert, am Ende führen beide Wege spätestens an der sogenanten „Benzinkurve zusammen. Je nach Jahreszeit muss bei beiden Aufstiegsvarianten mit einer Tragezeit von rund einer Stunde gerechnet werden, um die Schneegrenze zu erreichen.
Mitunter ist der Aufstieg mit den Ski aber auch direkt vom Parkplatz weg möglich. Zunächst führt ein schmaler Forstweg stetig ansteigend bis zur Kühroint Alm (1.403 m), wo die beiden Wege aufeinander treffen. Von hier geht’s dann wahlweise über die Forststraße oder durch den angrenzenden Wald weiter bis zur nach links abknickenden „Benzinkurve“. Hier biegen wir nach rechts in den Kiefer- und Lärchenwald ab. Wo uns direkt die erste Schlüsselstelle erwartet.
Denn in den engen Kehren sind eine gute Spitzkehrentechnik und bei eisigen Bedingungen gute Felle bzw. Harscheisen zwingend notwendig. Steil geht es bergauf, bis der Weg sich ausdehnt und wir uns durch den wunderschönen Lärchenwald nach oben schieben. Hier orientieren wir uns nach links, um knapp unterhalb der steilen Felswand allmählich ins Watzmannkar einzutauchen. Nun öffnet sich vor uns die große Hochebene, wo an so manchen Tagen ein strammer Fallwind wehen kann. Nach knapp 2,5 Stunden ist Halbzeit.
Von dort aus führt nun die breite „Skipiste“ mittig nach oben und gibt den Blick auf unser heutiges Tagesziel frei – rechter Hand sehen wir bereits die Alternativroute hinauf zur „Skischarte“ und linker Hand das „Dritte Kind“. Bei mangelhafter Schneemenge müssen hier zahlreiche Gesteinsbrocken umfahren werden. Obacht auch bei zu nahem Passieren, da durch die Verwehungen hier mitunter metertiefe Löcher für gefährliche Fallen sorgen können.
In der Mitte sehen wir das wuchtig aufragende „Vierte Kind“, vor dem sich die beiden Sklitouren teilen. Hier biegen wir links ab und steigen stetig nach oben. Nun folgt die zweite Schlüsselstelle, denn der Zustieg zum Ziel ist steil und je nach Witterung druchaus eisig. Weshalb es sich lohnt, schon vorher die Harscheisen anzulegen. Der knackige Hatscher erfordert nochmals eine gute Spitzkehrentechnik, bevor wir nach knapp 3,5 bis 4,5 Stunden (je nach Kondition und Bedingungen) den höchsten Punkt erreicht haben.
ACHTUNG: Der Gipfel ist in der Regel stark überwächtet, weshalb man auf einen Zustieg bis zum äußeren Rand verzichten sollte, da hier akute Abstuzgefahr besteht. Fotografen empfehlen wir, sich eher nach rechts zum Wandrand zu bewegen, denn der Ausblick auf die „massive Schanze“ ist gigantisch. Dafür erhascht man den Blick zum Königsee lediglich vom Dritten Kind aus.
Zurück geht’s dann auf demselben Weg wie die Aufstiegsroute, wobei man sich bei der Abfahrt eher mittig halten sollte, da immer wieder Lawinen oder Steine von den steilen Felswänden abgehen können. Danach heißt es einfach nur die Abfahrt genießen, bevor man wieder den Lärchenwald und die teils recht ausgefahrene Schneise mit der Buckelpiste erreicht. Hier heißt es nochmal konzentrieren, damit man sich nicht mit den Skiern verhakelt.
Anschließend geht’s ab der Benzinkurve wahlweise über den breiten Wiesenhang oder die Forststraße zurück zur Gabelung, wo sich die Wege zu den beiden Parkplätzen wieder trennen. Ab hier gilt es für diejenigen, deren Auto am Hammerstiel Parkplatz steht wieder volle Konzentration, denn der schmale Waldweg birgt so manche Gefahr.
Wer hier verkantet oder unachtsam ist, kann linksseitig recht unsanft und vor allem tief stürzen. Nach gut 2 bis 2,5 Stunden ist der Parkplatz schließlich erreicht und man kann mit einem Kaffee in der Hand das geniale Skitourenerlebnis noch einmal in Ruhe Revue passieren lassen.
Die wichtigsten Infos zur Skitour im Watzmannkar:
Anfahrt: ca. 2 Std. von München über die A8 in Richtung Salzburg, dann bei Piding auf die B20 in Richtung Bischofswiesen wechseln und in Richtung Berchtesgaden weiter, dort wahlweise nach Ramsau zum Wimmbachgries-Parkplatz oder zum Parkplatz Hammerstiel fahren.
Startpunkt: Wanderparkplatz Hammerstiel (628 Hm) / Wanderparkplatz Wimmbachgries
Höchster Punkt: Berchtesgadener Hochthron (1.972m)
Einkehrmöglichkeit: keine
Aufstieg: von Hammerstiel aus über die Benzinkurve je nach Kondition (ca. 3,5-4,5 Std.)
Abstieg: wie Aufstiegsroute und je nach Schneelage und skifahrerisches Können (ca. 2-2,5 Std.)
Höhenmeter / Wegstrecke / reine Gehzeit gesamt: rund 1.500m / ca. 16,5 km / ca. 5 bis 7 Std.
Anspruch: mittelschwere bis schwere Skitour in weitestgehend lawinensicherem Gelände, Lawinengefahr von den Steilhängen der Watzmannkinder aufgrund Überwächtung und tagszeitliche Erwärmung beachten, ggbf. vereiste Passagen am Gipfelanstieg und im Teilstück von der Benzinkurve hinauf ins Watzmannkar
Voraussetzungen: LVS-Gerät, Lawinenschaufel, Sonde und je nach Witterung ggbf. Harscheisen, ausreichend Wasser
Kartenmaterial: kompass Karte Nr.14 „Berchtesgadener Land und Chiemgauer Alpen“, alternativ: DAV Karte BY 21 Nationalpark Berchtesgaden | Watzmann inklusive Ski- und Schneeschuhrouten oder „Münchner Skitourenberge – 100 traumhafte Skitourenziele“ von Markus Stadler