Das Schlaraffenland ist beinahe jedem Kind aus diversen Märchen bekannt. Dabei handelt es sich zumeist um einen Ort, an dem alles im Überfluss vorhanden ist. Wo Wein, Milch und Honig in Bächen fließen und alle Tiere bereits vorgegart und mundfertig durch die Lüfte hüpfen oder fliegen. Die Häuser bestehen aus Kuchen und statt Steinen liegt Käse am Wegesrand – ein wahres Paradies für jeden Gourmet und Freund der Gaumenfreuden.
Heimspiel im fränkischen Schlaraffenland
Doch was hat dieser Ort nun eigentlich mit dem Klettergebiet im Frankenjura gemeinsam? Im Schlaraffenland des fränkischen Hirschbachtals werden dem Kletterer feinste Routen in so gut wie allen Schwierigkeitsgraden handfertig serviert. Mit einer Gesamtauswahl von über 100 Routen ist das Klettergebiet eines der größten Massivreihen der Fränkischen Schweiz. Der griffige Jura-Kalk hält dort für den Feund der Vertikalen in typisch fränkischer Manier unzählige Leisten und Fingerlöcher in allen Variationen bereit. Vor allem in den oberen Graden sind hier unzählige Leckerbissen zu finden. Ein perfekter Ort also für ein Heimspiel mit Patagonia Ambassador Alexander Megos.
Ein Klettertag in familiärer Atmosphäre
Alexander präsentierte bzw. servierte uns ein mehrgängiges Menü, wie man es nur im Schlaraffenland finden kann. Als Vorspeise (Aufwärmroute) gab es Pasta Tricolore (7a+). Als Hauptgänge folgten im Anschluss dann Thor´s Hammer (8a+) und Odin´s Tafel (8b), um nur einige Leckerbissen auf der prall gefüllten Speisekarte zu nennen. Egal ob als Sicherer vom Boden oder aus einer der Routen nebenan, der Kletterstil von Alexander Megos lässt einem wahrlich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Es gibt nur wenige Kletterer, die den Einsatz ihrer Kraft und ihrer Beweglichkeit derart einer Route bzw. dem Fels anpassen können wie das junge Ausnahmetalent. Selbst kräftige Züge wirken bei ihm spielerisch und leicht. Unabhängig vom Grad der jeweiligen Route sind seine Bewegungsabläufe dabei jederzeit flüssig und stimmig zugleich.
Klettertechnisch hat der Europameister von 2010 (Jugend A) zwar den Kopf in den Wolken – denn sein Limit ist noch längst nicht erreicht – aber dennoch steht der 21-jährige Erlanger mit beiden Beinen fest am Boden. Im Gegensatz zu vielen seiner Profi-Kollegen ist er nicht besonders häufig bei Wettkämpfen unterwegs, sondern macht das was er am Besten kann: einfach nur klettern! Und das ist wie er selbst sagt, das Beste was ihm jemals hätte passieren können. So genießt er die Freiheit, „einfach nur zu klettern“ sprichwörtlich in vollen Zügen. Was Alexander Megos unter anderem seinen Partnern (Patagonia, DMM, Enterprises, Tenaya, BlueWater Ropes) zu verdanken hat, die ihm hierfür genügend Freiräume lassen.
Interview mit Alexander Megos
Wir haben Alexander Megos im fränkischen Schlaraffenland besucht und gemeinsam mit ihm in familiärer Atmosphäre ein paar wahrhaftige Leckerbissen geklettert. Im Zuge dessen durften wir auch über seine Leidenschaft und die allgemeine Entwicklung im Klettersport sprechen.
Wie bist du eigentlich zum Klettern gekommen?
Zum Klettern gekommen bin ich durch meinen Vater. Er hatte damals zu Studentenzeiten mit dem Klettern angefangen und betreibt es noch bis heute.
Du kletterst bereits seit ca. 15 Jahren, bereust du mit dem Klettern angefangen zu haben?
Keine einzige Sekunde habe ich bereut mit dem Klettern angefangen zu haben. Ganz im Gegenteil, es ist das Beste was mir hätte passieren können.
Was macht dich zu einem so starken Kletterer?
Vermutlich ist das eher die Perspektive der Anderen? Aus meiner Sicht bin ich nämlich gar nicht so stark.
Betrachtet man die Geschichte des Kletterns, dann war es früher eine Lebenseinstellung. Ist das heute noch so oder geht alles nur noch um Erfolge und Partner?
Sicher war es damals etwas anders als es heute ist. Für viele ist Klettern mittlerweile einfach ein Sport wie jeder andere, teils sogar Ersatz fürs Fitnessstudio.
Für mich allerdings – und ich denke da spreche ich für den Großteil der eingefleischten Kletterer – ist es heute wie damals ein Lifestyle der sich definitiv nicht um den Erfolg dreht, sondern um das Erlebnis „Klettern“ als Ganzheitliches. Dennoch spielen Erfolg und Partner eine immer wichtigere Rolle, sofern man das Klettern professionell betreiben will. Ich für meinen Teil kann jedoch sagen, dass ich mit meinen Sponsoren sehr zufrieden bin und das für sie nicht nur der Erfolg im Vordergrund steht. Letztendlich bin ich selbst derjenige, der sich am meisten Druck macht.
Du hast vor kurzer Zeit vier Routen des Schwierigkeitsgrad 9a im Frankenjura in durchschnittlich 2,5 Stunden geklettert. Spielt jetzt auch der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle für die Durchsteigung einer solch anspruchsvollen Route?
Mittlerweile sind es vermutlich schon mehr als vier, die ich in relativ kurzer Zeit geklettert habe. Aber nein, darauf kommt es mir nicht an. Und auch generell stellt die Zeit keinen entscheidenden Faktor beim Klettern dar. Dennoch ist es ja mittlerweile so, dass der Schwierigkeitsgrad 9a schon nichts mehr allzu besonderes ist. Viele Kletterer klettern diesen Grad heutzutage. Es gibt allerdings wenige, die eine 9a so schnell klettern. Sicher auch deswegen wurde es von den Medien so aufgebauscht. Generell lege ich keinen Wert auf die Zeit der Begehung. Ich versuche alles immer so schnell wie möglich zu klettern, wer tut das nicht?! Und es ging nun mal bei den meisten Routen relativ schnell, weshalb eben auch eine Zeitangabe dabei ist. Diese dient jedoch nicht dem Zweck zu zeigen, schaut mal, ich hab es in 2 Std gepackt und wer von euch schafft’s nun in 1,5 Std. Vielmehr soll dadurch die Leistung verdeutlicht werden, die dahinter steht: Etwas schweres in kurzer Zeit zu klettern, wofür andere nicht selten mehrere Tage brauchen.
In deinem Routenbuch hast du schon einige 9a+ gesammelt, wann können wir mit der ersten 9b rechnen? Oder ist dahingehend sogar schon etwas in Arbeit?
Nein, in Arbeit ist dahingehend noch nichts konkretes. Am besten rechnet man mit nichts, dann ist man wenigstens überrascht wenn etwas kommt, oder?! (lacht)
Also würde ich sagen, lasst euch überraschen. Allerdings soll das jetzt keine verdeckte Ankündigung sein. Ich weiß es nämlich selbst noch nicht.
Konzentrierst du dich nur aufs Sportklettern oder reizen dich ebenfalls die anderen Spielarten des Kletterns (Bouldern, BigWalls, alpine Routen)?
Generell reizen mich alle Spielarten des Kletterns. Ich habe zwar meinen Fokus aufs Sportklettern verlegt, gehe aber dennoch gerne Bouldern und streue auch ab und an mal eine BigWall ein.
Hast du vor in deiner Kletterkarriere einen Meilenstein zu hinterlassen wie bspw. Wolfgang Güllich mit „Action directe“.
Gegenfrage: Wer wünscht sich nicht in seinem Sport einen Meilenstein zu hinterlassen? Klar will man sowas. Aber das ist noch lange keine Garantie, es dann tatsächlich auch zu schaffen. Aber auch hier gilt natürlich: Wer nicht versucht, der nicht gewinnt!
Hast du einen Ratschlag für die Kletterer da draußen, damit sie genau so gut werden wie du?
Na klar, hab ich einen Ratschlag: Trainieren! Und den Spaß dabei behalten!
Was können wir in Zukunft noch von dir erwarten?
Die Frage kann ich euch wirklich nicht beantworten. Aber ich würde zumindest sagen: Mein Limit habe ich noch längst nicht erreicht. (lacht)
Kurz gefragt, kurz geantwortet:
Klettern ist wie…?
…na Klettern ist ziemlich geil!
Wenn du nicht kletterst…?
… mache ich zumeist was anderes als klettern, z.B. trainieren. (lacht)
Deine schwerste Route…?
… kommt noch!
Dein Lieblingsfels ist…?
… der Ceüse und die Taipan Wall.
Dein größter Erfolg ist…?
… bis jetzt die 9a Onsight.
Der Frankenjura ist …?
… das beste Klettergebiet der Welt, was denn sonst!
Was macht dir am meisten Angst…?
… die Ungewissheit was in der Zukunft passiert. Das ist allerdings auch irgendwie interessant und macht das Leben nur deshalb lebenswert, weil man eben nicht genau weiß was passieren wird.
Alexander Megos – Steckbrief
Geburtsdatum: 12.08.1993
Wohnort: Erlangen
Klettert seit: dem Alter von 6 Jahren (seit 2000)
Partner: Patagonia, DMM, Enterprises, Tenaya, BlueWater Ropes
Markenzeichen: extrem schnelle Wiederholungen von Felskletterouten
z. B. die erste Ein-Tages-Begehung der „Action Directe“ und „Modified“ (9a+),
eine der schwersten Routen der Fränkischen Schweiz.