Die Jahreszeit für Hüttentouren ist längst im vollen Gange, wenn auch das Wetter noch nicht ganz auf der Seite der Wanderer zu sein scheint. Deshalb wollen wir euch noch einmal ein paar Dinge in Erinnerung rufen, die für eine erfolgreiche Hütten- oder Mehrtagestour notwendig sind, und zugleich auf ein paar Neuigkeiten hinweisen, die das Hikerleben deutlich erleichtern können.
Die richtige Planung einer mehrtägigen Bergtour
Bevor die geplante Tour überhaupt erst einmal beginnen kann, sollten einige Faktoren in Zusammenhang gebracht und kritisch betrachtet bzw. beurteilt werden. Und wer all diese Punkte beherzigt, wird garantiert eine gute Zeit in unseren schönen Bergen verbringen:
1) die zu erwartenden Verhältnisse vor Ort (Wetter, Schnee/Lawinen, etc.)
2) Geländefaktoren (Steilheit, Höhenmeter einer Etappe, etc.)
3) Faktor Mensch (Fitness, Gesundheitszustand, Medikamentebedarf?, etc.)
Alle drei Faktoren bedürfen schon zu Hause vom Sofa aus einer Überprüfung, genauso wie zum Start der Tour als auch an den unterwegs zu passierenden Schlüsselstellen. Auch eine flexible Planung, welche Ausweichrouten vorsieht bzw. die Möglichkeit anbietet, aus einer Tour vorzeitig auszusteigen und ohne viel Stress zum Ausgangspunkt zurückkehren zu können, zählen je nach Szenario zu den unabdingbaren Assen im Ärmel des Tourengehers. Denn wer im „worst case“ keinerlei Optionen zur Verfügung hat, für den ist Stress meist vorprogrammiert – das neurologische Equivalent zu dem Gefühl, das wir gemeinhin auch als Angst bezeichnen. Besonders am Berg ist dieser Faktor ein denkbar schlechter Berater. Wer wissen möchte, worauf es wirklich ankommt, sollte sich die 10 Tipps für mehr Sicherheit am Berg des Österreichischen Alpenvereins (OeAV) einmal genauer durchlesen.
Alpenverein – Informationsquelle und Schlafplatzgeber
Als eine der wichtigsten Informationsquellen für Bergtouren in unseren Breitengraden gilt nach wie vor der Deutsche Alpenverein (DAV). In enger Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Österreich, Südtirol und der Schweiz betreut und betreibt der Verein sowohl Wanderwege als auch Hütten in den unterschiedlichsten Regionen der Alpen. Offiziell ist der DAV ein Umweltschutzverein, der jüngst zum Beispiel die Erweiterung einer Beschneiungsanlage im bayerischen Sudelfeld zu verhindern versuchte und dessen Klage gerade erst zurückgewiesen wurde – im Herbst soll es vor Gericht weitergehen.
Gut zu wissen: Alpenvereinsmitglieder haben seit jeher das Recht auf günstigere Übernachtungstarife auf den über 2.000 Alpenvereinshütten, erhalten exklusiven Zugang zu Selbstversorgerhütten und dürfen sich darüber hinaus über ein vergünstigtes Bergsteigeressen bzw. -getränk freuen. Dem nicht genug profitieren die DAV’ler auch von einem umfassenden Versicherungsschutz, der bei Rettungsmaßnahmen auf der ganzen Welt greift und unter Umständen sogar den Rücktransport via Flugzeug sicherstellt. Der Mitgliedsbeitrag variiert dabei je nach Sektion und liegt zwischen 45,- bis 90,- Euro im Jahr, wobei auch hier nochmals Vergünstigungen z.B. in Form einer Familienmitgliedschaft etc. möglich sind.
Ausrüstung – darauf kommt es bei Mehrtagestouren wirklich an
Wir haben für euch die wichtigsten Faktoren zusammengetragen, die bei einer mehrtägigen Bergtour bzw. Hüttentour generell zu beachten sind.
Sonnenschutz: Kopfbedeckung und Kosmetik (Sonnencreme) mitzuführen, beugt nicht nur der Hautalterung vor, sondern verhindert auch die nachteiligen Auswirkungen direkter Sonneneinstrahlung in den höheren Lagen. Dadurch soll vor allem ein Hitzschlag und ein folgenschwerer Leistungseinbruch vermieden werden.
Trocken halten: Bei Mehrtagestouren sollte unbedingt immer eine zweite Garnitur an Shirts, Socken und ggf. Unterwäsche mitgeführt werden. Denn einmal im Regen so richtig nass geworden, trocknen die Bekleidungsstücke nur langsam, was wiederrum das Auskühlen des Körpers begünstigt. Die Folge: Der Bergsportler ist anfälliger für Krankheiten.
Für ausreichend Schlaf sorgen: Warum man auf Hütten einen Hüttenschlafsack mitführen sollte, muß nicht extra erklärt werden. Allerdings muss es nicht immer gleich ein Daunenschlafsack sein. Ein dünner aus Seide reicht allemal und schlägt sich gewichtsmäßig weniger nieder wie bspw. ein Schlafsack aus Baumwolle. Für einen erholsamen Schlaf sorgen zudem Ohrstöpsel, um die Schnarchfraktion im Nachtlager gezielt ausblenden zu können. Auch zu viel Alkohol vorm Schlafengehen sollte man meiden, denn dadurch neigen die meisten Menschen nur noch mehr zum Schnarchen und schlafen generell ungesünder. Lieber ein Glas Wasser vorm Zubettgehen – das kostet auch nichts.
Schuhe: Auch das Schuhwerk sollte passend zur geplanten Mehrtagestour gewählt werden. Je nach Beschaffenheit des zu durchquerenden Geländes braucht es idealerweise den goldenen Mittelweg und ist von einer allzu starken Spezialisierung eher abzuraten. So laufen sich Hochtourenschuhe auf Forstwegen ziemlich beschwerlich und sorgen eher für Blasen. Wenn sich also zwei von drei Tourentagen auf solchen Wegen abspielen, sollte man vielleicht von Beginn an umdenken. Noch ein Hinweis: Nicht alle Berghütten bieten Hüttenschuhe an. Hier tun es eventuell auch Schlappen aus dem Asiamarkt, die wenig kosten und kaum etwas wiegen.
Socken: An dieser Stelle möchten wir ganz klar Wollsocken zum Wandern empfehlen – egal ob nun aus Merino- oder Schurwolle. Denn diese wärmen selbst im feuchten Zustand, transportieren die Feuchtigkeit zügig von der Haut (wodurch die Blasenbildung deutlich reduziert werden kann) weg und fangen zudem auch nicht so schnell an zu mokkern wie Wandersocken aus Synthetikmaterial. Wer einmal mehrere Tage mit den „Plastiktüten“ im Schuh unterwegs war, weiß davon garantiert ein Liedchen zu singen.
Blasen: Wichtig ist hier, sofort die Stelle mit Pflaster oder Tape abzukleben, sobald sich die Haut wund anfühlt und sich eine Blase bilden will. Das Pflaster soll die Reibung an der entsprechenden Stelle minimieren. Ist die Blase schon da, helfen Leukotape wie auch Blasenpflaster, um den oberen Hautschichten die Feuchtigkeit zu entziehen. Aufstechen ist nicht zu empfehlen, da sich dadurch die Wunde entzünden oder blutig laufen kann, was mitunter böse Folgen nimmt. Generell auch hier der Tipp: Wer Wandersocken aus Wolle trägt, verfügt über ein deutlich verbessertes Fußklima und entsteht deutlich weniger Reibung aufgrund einer trockneren Hautoberfläche.
Gewicht: Ob man so konsequent wie Reinhald Messner sein muß und alle Streichhölzer auf die Hälfte kürzt, muss jeder Wanderer selbst entscheiden. Fest steht jedenfalls, ein Rucksack für Mehrtagestouren sollte nicht viel mehr als 10kg wiegen – Getränke bzw. Trinkwasser nicht mit einberechnet. Micropur und Wasserfilter zur Neutralisierung sind in den Alpen eigentlich nicht von Nöten, helfen aber unnötiges Gewicht für herumzuschleppendes Wasser zu sparen. Spezielle Handtücher (z.B. Pactowl), eine kurzsstielige Zahnbürste, Zahnpasta im Reisformat etc., all diese Dinge sind Faktoren, über die das Gesamtgewicht des Gepäcks gezielt reduziert werden kann – und wer unbedingt ein 1kg schweres Brot auf den Gipfel schleppen muss, wird schon wissen, warum er das tut.
Stromversorgung: Solarpanels – wie das von uns getestete GOAL ZERO SHERPA 100 Kit – mit nachgeschaltetem Akku, der Spannungsschwankungen beim Laden unerheblich macht, werden mittlerweile für um die 100,- Euro angeboten. Diese versorgen bei ausreichend Sonnenlicht die elektronischen Geräte mit dem nötigen Saft. Wer auf Nummer sicher gehen willen, sollte sich aber am besten alternative Energiequellen wie den PowerTrekk 2.0 von myFC oder daheim aufgeladene Reise-Akkus von Maxell mit einpacken.
Mit Kindern sportlich am Berg unterwegs
„Mit Kindern“ ist ein Qualitätssiegel des DAV, welches bergsportbegeisterten Eltern die Tourenwahl erleichtern soll. Wichtig hierbei sind vor allem Faktoren wie z.B. die Kinderfreundlichkeit der Hüttenwirte oder ganz konkrete Ansprüche wie das Vorhandensein von Spielmöglichkeiten. Weitere Infos hierzu sind auf der DAV-Website und in einer speziellen Broschüre beim DAV zu finden.
Um Kinder mit einer Bergtour nicht zu überfordern, sollten sie mindestens 6 Jahre alt sein – wobei stets die folgende Faustregel gilt: Immer nur so viele Höhenmeter anpeilen (Hunderterschritte) wie das Alter des Kindes (ab 10 Jahren steigerungsfähig). Auch die Zeitangaben sollten dem kindlichen Rythmus angepasst werden, denn sie brauchen meistens doppelt so lang für die Bewältigung der Wegstrecke. Es kann durchaus von Vorteil sein, mithilfe einer Tagestour die „Hüttentauglichkeit“ der Kleinen zu testen, um im Falle absoluten Nichtgefallens wieder absteigen zu können. Schließlich gibt es schönere Szenarien, als den geliebten Quälgeist drei Tage lang durch die Berge zu schleppen. Noch ein Tipp: Für zwei Familien, die gemeinsam aufsteigen, kann ein Gruppenlager evtl. besser sein, als zwei einzelne Zimmer oder umgekehrt – allein wegen des Unterhaltungswerts. Eines ist aber absolut sicher: Vor Antritt der Tour auf jeden Fall vorab die Schlafplätze reservieren.
Alpenverein Aktiv – die Touren-App fürs Handy
Geländenavigation via Smartphone ist ein heikles Thema.Viele Apps sind kostenlos verfügbar, aber wurden nicht über einen, bestenfalls als Beta zu nennenden Status hinaus entwickelt. Ob man sich in den Bergen von einem digitalen, stromverbrauchenden Gerät abhängig machen sollte und ob die Orientierung im Raum über ein Display mit einer maximalen Größe einer Zigarettenschachtel sinnvoll ist, sei einmal dahingestellt. Umso schöner ist es dann, wenn man in diesem Zusammenhang einem brauchbaren Produkt begegnet. Die 2013 bereits veröffentlichte Tourenportal alpenvereinaktiv.com und die dazugehörige App zählen definitiv dazu. Beide wurden als Joint Venture vom DAV und dem renomierten Alpstein-Verlag aus Stuttgart entwickelt. Sowohl Smartphone-App als auch die Browserversion können kostenlos genutzt bzw. heruntergeladen werden, wobei die App fürs Handy auch zu 100% offline im Einsatz sein kann.
Die smarte App greift auf alle Touren des Alpstein Verlages zurück und bietet zusätzlich um die 1.500 „native“ Touren, die seitens OeAV, DAV und AVS bereitgestellt werden. Insgesamt 40.000 Touren für den Ostalpenraum kommen somit zusammen. Aber auch für andere Länder wie z.B. Südamerika mit vier Touren finden sich Einträge. Und es werden täglich mehr, denn die App-User können auch ihre eigenen Touren eintragen, veröffentlichen und teilen. Übrigens: Die Smartphone-App machte während unseres Kurz-Tests einen durchaus brauchbaren Eindruck. Allerdings sollte dem Nutzer klar sein, dass die jeweilige Karte in Abhängigkeit der hierzu eingepflegten Daten mehr oder weniger genau anzeigen kann, wie eine Tour verläuft bzw. welche Wegpunkte vermerkt sind. In unserem Fall wurde z.B. die Tutzinger Hütte nicht auf der Wanderkarte angezeigt, die daneben gelegene Bergwachthütte aber sehr wohl. Was hingegen wirklich gut funktionierte, war das intuitive Ablaufen der Tour im Gelände, wobei man ähnlich einem Navigationsgerät einfach nur dem bekannten Pfeil folgen muss. Eine Mehrtagestour ohne analoges Kartenmaterial im Maßstab 1:50.000 bzw. 1:25.000 würden wir persönlich aber lieber nicht gehen wollen.
Anreise – der lange Weg zur erholsamen Bergtour
Hier sei noch einmal kurz in Erinnerung gerufen, dass viele Ziele auch mit Bus und Bahn erreicht werden können. Schließlich geht es oft genug auch ohne das eigene Vehikel und obendrein schont man auch noch die Welt. Also stets erst einmal nachdenken und recherchieren, bevor Ihr den Verbrennungsofen anwerft. Denn die öffentlichen Verkehrsmittel sind aufgrund des Verbundansatzes zum Teil sogar flexibler als der eigene Pkw, da mithilfe des öffentlichen Nahverkehrs auch Varianten gegangen werden können, bei denen das auf dem Parkplatz zurückgelassene Auto von einer weiteren Person erst wieder bewegt werden müsste, will man irgendwie nach Hause kommen. Ansonsten ist man immer gezwungen, zum Ausgangspunkt der Tour zurückzukehren. Generell gilt: Immer genau recherchieren, damit man nach acht Stunden Bergtour nicht irgendwo in der Pampa steht und nicht weiß, wie man nach Hause kommen soll, oder einem der letzte Bus geradewegs vor der Nase davonfährt.
Quelle: Deutscher Alpenverein e.V.