Die Menschheit hat einen Großteil ihrer evolutionären Geschichte barfuß verbracht. Zumindest nehmen Evolutionsforscher heute an, dass sich der Homo Sapiens als Jäger und Sammler über lange Strecken hinweg komplett barfüßig bewegte. Schuhe im modernen Sinne gab es vor 200.000 Jahren noch nicht. Die ersten einfachen Formen von Schuhen aus Tierhäuten und Pflanzenmaterialien kamen erst deutlich später zum Einsatz. Mittlerweile werden „Barfüßler“ mit großen Augen bestaunt, wenn diese sich durch die Natur bewegen. Denn der moderne Mensch kommt ohne festes Schuhwerk in Form von Sneakers, Wanderstiefeln oder Sandalen kaum mehr aus.
Dabei ist die mit Abstand natürlichste, ergonomischste und wohl auch gesündeste Form der Fortbewegung jene mit blanken Füßen. Schuhe, die dieser Art des Gehens am nächsten kommen, sind sogenannte Barfußschuhe. Das zumeist flach gehaltene, minimalistische Konzept fußt auf einer verhältnismäßig schlanken Außensohle mit breiter Zehenbox, um für ein Maximum an Taktilität und möglichst natürliche Bewegungsabläufe sowie optimale Fußgesundheit sorgen. Das gilt auch für die von uns getesteten Vivobarefoot Tracker II FG, die seitens des britischen Herstellers als natürliche Alternative zum klassischen Wanderstiefel angepriesen werden.
Was sind eigentlich Barfußschuhe?
Bei Barfußschuhen handelt es sich in der Regel um sehr minimalistische Schuhkonzepte, die für ein möglichst naturgetreues Gefühl des Barfußgehens entwickelt wurden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Wanderschuhen besitzen Barfußschuhe eine deutlich dünnere Außensohle, die eine direktere Verbindung zum Boden und ein verbessertes Abrollverhalten ermöglichen.
Barfußschuhe verfügen in der Regel über eine breitere Zehenbox, damit sich die Zehen im Schuh natürlich ausbreiten können. Hinzu kommen flexible Materialien am Oberschuh, die eine natürliche Bewegung des Fußes ermöglichen sollen.
5 Vorteile von Barfußschuhen beim Wandern:
1) Stärkung der Fußmuskulatur: Durch das Tragen von Barfußschuhen werden die Muskeln und Sehnen beim Wandern im Fuß aktiviert und gestärkt, da sie ohne die übliche Dämpfung und Unterstützung herkömmlicher Outdoorschuhe arbeiten müssen.
2) Verbesserte Balance und Propriozeption: Die direktere Verbindung zum Boden ermöglicht es Wanderern, ihr Gleichgewicht besser zu halten und ihre Körperwahrnehmung zu verbessern, da sie die Unebenheiten des Terrains präziser spüren können.
3) Natürliches Laufgefühl: Barfußschuhe ermöglichen ein natürlicheres Abrollen des Fußes und fördern eine gesündere Lauftechnik, indem sie den Fuß dazu ermutigen, sich auf natürliche Weise zu bewegen. Denn Struktur und Dämpfung traditioneller Schuhe sorgen nicht selten für Einschränkungen im natürlichen Bewegungsablauf.
4) Geringeres Gewicht und mehr Flexibilität: Durch das minimalistische Design sind Barfußschuhe in der Regel leichter und flexibler als herkömmliche Wanderschuhe. Dadurch werden Bewegungsabläufe möglich, die angenehmer und dynamischer ausfallen.
5) Enger Kontakt zur Natur: Barfußschuhe ermöglichen es, die Natur auf eine intensivere Weise zu erleben. Denn sie erlauben eine direktere Verbindung zum Untergrund, wodurch sich Texturen und Temperaturen des Bodens unmittelbar spüren lassen.
Über Vivobarefoot – Barfußschuhe aus Großbritannien
Vivobarefoot ist ein Lifestyle-Gesundheitsunternehmen, das Menschen wieder besser mit der Natur verbinden will. Vivobarefoot wurde im Jahr 2012 von zwei Cousins einer traditionellen Schusterfamilie (Galahad und Asher Clark) gegründet. Die Philosophie basiert dabei auf einfachen Barfuß-Designprinzipien: Schuhe mit null Millimeter Sprengung, anatomischer Breite, totaler Flexibilität und ultradünner, durchstoßfester Sohle. All das für eine möglichst optimale Fußgesundheit und natürliche Bewegung.
Auf der Reise als Unternehmen eine positive Bilanz für die Regeneration der Gesundheit von Mensch und Planeten zu erreichen, betreibt Vivobarefoot auch ReVivo. Mit dem ersten Sekundärmarkt seiner Art für professionell wiederaufbereitete Schuhe soll diesen ein zweites Leben geschenkt werden. Die Future Footwear Foundation ist zudem eine gemeinnützige Forschungsstiftung, die in Zusammenarbeit mit indigenen Schuhmacher-Communities arbeitet.
Vivobarefoot Tracker II FG (Firm Ground) – die natürliche Alternative zu herkömmlichen Wanderschuhen
Der Vivobarefoot Tracker II Firm Ground zählt zu einem der meistverkauften, klassischen Wanderstiefel im Portfolio des britischen Spezialisten für Barfußschuhe. Dieser eignet sich laut Vivobarefoot für jedes Wetter und Gelände, ist strapazierfähig und wasserdicht und trotzdem leicht und flexibel.
Das Obermaterial des Tracker II Firm Ground wird aus natürlich vernarbtem Leder von freilaufenden Rindern gefertigt, die von Kleinbauern bezogen werden. Das atmungsaktive Wild Hide Leder der Traditionsfirma Pittards wird mit hydrophoben Behandlungen, nicht absorbierenden Materialien, versiegelten Nähten und einer atmungsaktiven Innenmembran versehen, um die Barfußschuhe vollständig wasserdicht zu machen.
Zudem verfügt der Outdoorschuh über eine intelligente Thermal-Innensohle, die zur optimalen Regulierung des Fußklimas beiträgt und selbst bei kälteren Temperaturen für konstant warme Füße sorgen soll. Demnach soll diese die von den Füßen abgegebene Wärme aufnehmen, speichern und bei Bedarf wieder abgeben. Indem die intelligente Schicht auf die natürlich wechselnden Temperaturen der Füße reagiert, hält sie diese wahlweise warm oder kühlt.
Für den nötigen Grip und ein optimales Bodengefühl auf allen Untergründen sorgt eine durchstichsichere Multi-Terrain-Außensohle (Firm Ground). Diese bietet eine natürliche Stabilität, sorgt für ein natürliches sensorisches Feedback und eine direkte Kraftübertragung. Die Sohle besteht aus einer rutschfesten Gummimischung und verfügt über eine 3 mm dicke Basisfläche mit 2,5 mm langen Stollen.
Dank der strukturierten Wölbung erlaubt sie zudem eine zonenweise Bodenhaftung. Hinzu kommt ein sogenanntes Pro5 Puncture Resistant Finish. Dabei handelt es sich um eine leichte, flexible und nur 0.8 mm starke Schicht, welche die Außensohle vor Dornen, spitzen Steinen oder scharfkantigen Elementen schützt.
Abgerundet wird das Gesamtkonzept noch mit einer beidseitig fixierten und weit nach oben gezogenen Zunge. Diese ist Teil des weich gepolsterten Kragens, der weit eingeschnitten ist, um die Achillessehne nicht zu beeinträchtigen. Auch die Schnürung setzt deutlich weiter oben an, damit die Füße nicht eingeschnürt werden und in der breiten Zehenbox viel Platz haben. Analog zu klassischen Wanderschuhen verfügt der Vivobarefoot Tracker II FG über mehrere Zugösen und Zughaken, damit der Schuh gezielt an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden kann.
Das af-Testurteil von Kathrin: vielseitiger Allrounder mit solider Dämpfung, weichem Schaft und geringer Stabilität
So viel steht fest: Der Tracker II Firm Ground von Vivobarefoot ist ein vollwertiger Wanderschuh. Denn auf den ersten Blick kommt man zumindest kurz ins Zweifeln. Weil die Sohle enorm dünn, weich und felxibel ausfällt. Auch die an Waldviertler erinnernde Zehenbox fällt relativ breit aus, was man von klassischen Outdoorstiefeln eher weniger kennt. Einmal hineingeschlüpft, fühlen sich die Füße sofort wie zuhause. Denn dank des weichen Innenfutters und des komfortablen Platzangebots wird nahezu jede Fußform wie auf Federn gebettet.
Keine Übertreibung, aber mit starren Wanderschuhen hat das wenig zu tun. Das Tragegefühl erinnert vielmehr an bequeme Hauspatschn. Klar, das mag nicht jedem gefallen. Zumal die recht weiche Sohle dazu führt, dass man nahezu jedes Steinchen und jede Veränderung am Boden wahrnimmt.
Aber genau das ist ja auch die Grundlage des Barfuß-Konzepts. Entweder man mag es oder eben nicht. Wer allerdings mit der Erwartungshaltung an den Wanderschuh herantritt, dass dieser möglichst viel Stabilität und eine starre Brandsohle bietet, der sollte lieber zu einem anderen Modell greifen.
Was nicht heißen soll, dass der Vivobarefoot Tracker II FG nicht stabil genug ist, um auch bei anspruchsvollen Wandertouren zum Einsatz zu kommen. Dafür sorgt unter anderem die griffige Sohle, die im Gegensatz zu starren Wanderstiefeln ein weitaus taktileres Gefühl am Fels zulässt.
Ähnlich einem Kletterschuh kann man damit also sogar mal auf Reibung antreten. Schwieriger wird es da schon eher bei nassen, glitschigen oder schlammigen Bedingungen. Denn dann stößt das nur leicht erhabene Sohlenprofil schnell an seine Grenzen, weil es sich doch recht zügig mit Dreck zusetzt. Vorteil ist zugleich aber auch, dass der sich der Schmutz dank der flexiblen Eigenschaften der Sohle auch schneller wieder löst.
Überrascht hat mich, dass das doch recht dünne Ledermaterial überraschend warm hält. Gerade zwischen den Jahren und an nasskalten Tagen getragen, hatte ich nie kalte Füße. Klares Zeichen dafür, dass die Thermal-Innensohle ganze Arbeit leistet und tatsächlich funktioniert. Auch schwitzig-feuchte Füße konnte ich nicht feststellen – egal mit welchen Socken. Das liegt vor allem am natürlichen Obermaterial, das für ein hervorragendes Fußklima sorgt.
Einziges größeres Manko am Barfußschuh ist die etwas umständlich konzipierte Schnürung. Da die Schnürsenkel im oberen Teil einmal durch eine Lederöse an der Zunge geführt sind, klappt das Festziehen über die etwas tiefer liegenden äußeren Schnürhaken nur mit viel Geduld. Ich hab es insofern gelöst, dass ich die Lederöse einfach auslasse, damit ich nicht jedes Mal genervt starte.
Ansonsten ist der Vivobarefoot Tracker II FG eine gelungene Alternative zum klassischen Wanderstiefel. Gering im Gewicht, deutlich flexibel und näher am Geschehen gelingt den Boots der Spagat zwischen zwei Welten auf beeindruckend bequeme Weise.
+ Top Material- Verarbeitungsqualität
+ wasserdichte Membrane
+ superbequemer Tragekomfort
+ sehr gutes Fußklima
+ sehr taktiles Untergrundgefühl
+ flexibler Schaft für optimale Bewegungsabläufe
– Schnürsystem umständlich bedienbar
– bei ordentlich Bodenfrost eine etwas zu dünne Sohle
– Schnürsenkel etwas zu lang
Vivobarefoot Tracker II FG – die Details:
Besonderheiten: thermoregulierende Innensohle für optimales Fußklima
Obermaterial: Schuhblatt aus 100% Wildleder, Schuhkragen aus 100% Cotton
Material Futter: 100% RPET
Material Zughaken / Ösen: 95% Zink, 5% Aluminium
Außensohle: 55% synthetischer Gummi, 20% Natural Gummi, 25% Zusatzstoffe
Farben: Bracke, Obsidian
Gewicht: ca. 400 – 575 Gramm (bei Mustergröße EU 38 bzw. 42)
Größen: EU 35 – 49
Preis: 230,- Euro (UVP)
*Hinweis der Redaktion zur Kennzeichnungspflicht: Die hier getesteten bzw. vorgestellten Produkte wurden uns vom jeweiligen Hersteller kostenlos zur Verfügung gestellt. Über den Produktwert hinaus flossen keine weiteren Zahlungen oder Gegenleistungen. Das Urteil der Redaktion ist dennoch unabhängig und die spezifischen Marken haben keinerlei Einfluss auf die Inhalte des Testberichts.