„Habts ihr scho gsehn? In unserer Goodie Bag is a Foto vom Felix drin“. „Ah geh, wos wuist’n du mitm Felix. Host du dir scho amoi die Wadln und Oberschenkel vom Aksel angschaut? Des is a echter Kerl!“ – Der erste Abend beim Women’s Winter Camp im Kleinwalsertal beginnt vielversprechend und deutlich weniger klischeehaft als der erste Dialog an Tisch 17 vielleicht vermuten lässt. Einige Teilnehmerinnen sind aufgrund ihrer weiten Anreise bereits am Vorabend im Hotel eingetroffen, um sich mit Whirlpool, Sauna und 5-Gänge Menü auf die Zeit im Schnee einzustimmen.
Manche davon kennen sich bereits aus dem letzten Jahr und freuen sich über das Wiedersehen. Andere wiederrum sind zum ersten Mal dabei, werden aber deshalb nicht weniger herzlich in die Damenrunde aufgenommen. Es wird viel gelacht, man lernt sich kennen, schließt erste Freundschaften und unterhält sich über alles, was das Leben an positiven und negativen Seiten zu bieten hat – über Kreuzbandrisse, Beziehungen, Kinder, Job und Urlaube. Aber natürlich auch über das eigene skifahrerische Können oder auch Nichtkönnen. Denn wegen des Wintersports sind schließlich alle hier – neben Wellness, Aprés-Ski Gaudi und der ein oder anderen „alten Marille“ aus dem Schnapssortiment der Kellerbar des Walserhofs, aufgrund derer einige Damen ihren letzten Skitag jedoch ausfallen lassen mussten. Aber zurück zum eigentlichen Thema dieses Erfahrungsberichts.
Women’s Winter Camp – ein einzigartiges Konzept das überzeugt
„Sport, Freude, Leidenschaft und Wellness“ – unter diesem Motto veranstaltet die Organisatorin Moni Fiedler bereits im vierten Jahr in Folge ihre Women’s Winter Camps. Und zum zweiten Mal sind die Damen nun schon zu Gast im Kleinwalsertal. Denn die Region steht dem Konzept äußerst positiv gegenüber und eignet sich dank hoher Lage inmitten majestätischer Gipfel und der abwechslungsreichen Abfahrten hervorragend für die verschiedensten Spielarten des Wintersports. Ganze vier Tage pures Schneevergnügen mit Freeriden, Tourengehen, Techniktraining und Lawinenkunde warten auf die 45 Teilnehmerinnen, die pro Camp mit dabei sein können.
Damit die Erholung nicht zu kurz kommt, wird im schicken 4-Sterne Wellness- und Verwöhnhotel Walserhof übernachtet – zuvorkommendes Personal, allabendliches Mehrgangmenü und ausladendes Frühstücksbuffet inklusive. Und damit frau auch etwas lernt im Schnee, stehen den Mädels stets gut gelaunte Guides zur Seite – sei es tagsüber oder manchmal auch nach Einbruch der Dunkelheit wie bei der Nachtskitour. Darunter einfach lässige und lustige Skilehrerinnen wie Steffi aus Garmisch oder Verena „Vreni“ Stitzinger, die Schwägerin von Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteigerin Alix von Melle. Dem nicht genug ist Deutschlands Vorzeige-Alpinistin mit ihrem Mann Luis ebenfalls beim Camp mit von der Partie, um mit ihm gemeinsam eine Gruppe zu führen.
Weil aber Schnee, ein tolles Hotel und nette Guides ohne das notwenige Equipment und eine hochwertige Goodie Bag nur die halbe Miete für ein gelungenes „Ladies only“ Camp sind, hat Moni Fiedler noch eine ganze Reihe an Partnern mit an Bord geholt, welche die Teilnehmerinnen mit allerhand „Hardwear“ und hilfreichen Tipps ausstatten. Die beiden Hauptsponsoren, der Skispezialist K2 und die Outdoormarke Marmot, stellen dabei auch das komplette Team der professionell ausgebildeten Guides und bringen so ihr ganzen skifahrerisches Knowhow personell direkt auf der Piste mit ein. Weitere Partner sind beispielsweise der Kompressionshersteller CEP, die Firma P. Jentschura für basische Körperpflege und gesunde Ernährung sowie die Sport-BH Experten von Anita.
Wer etwas Neues ausprobieren möchte, der kommt beim Camp voll auf seine Kosten – und das nicht nur, weil die Guides auch blutigen Backcountry-Anfängern geduldig alle Basics erklären. Sämtliches Equipment von Skiern und Schuhen bis hin zur Isolationsjacke sowie leichten Hardshell-Tourenhose kann direkt vor Ort ausgeliehen werden. Kostenfrei versteht sich. Gerade wer vor der Anschaffung einer eigenen Ausrüstung lieber ausgiebig testen möchte, für den ist die Expo-Area das reinste Paradies – Beratung und Montage inklusive. Und wer ganz nett fragt, dem hilft Guide Gunther – Spitzname „Der Mann für alle Fälle“ – sogar beim Zuschneiden der eigenen Felle oder dem Eindrehen der Kartuschen beim neuen ABS-Rucksack. Bestens ausgerüstet steht dem Winterspaß somit nichts mehr im Wege!
Warum nur Frauen? Weil Frauen nun mal Frauen sind!
Aber warum eigentlich ein Women’s Camp? Wieso braucht es eine Veranstaltungsreihe speziell für Ladies? „Ich habe immer wieder festgestellt, dass viele Frauen Blockaden im Kopf haben. Mir geht es mit meinen Camps darum, Hindernisse zu überwinden. Viele Frauen trauen sich nicht, etwas Neues auszuprobieren – vor allem nicht wenn der Partner schon viel mehr sportliche Erfahrung hat“, erklärt Moni Fiedler ihr Konzept. Die 40-Jährige ist selbst begeisterte Sportlerin. Bevor sie sich selbstständig gemacht hat, arbeitete sie lange Jahre in der Verlagsbranche. Hier kam sie auch in Kontakt mit dem Women’s Run – einer Laufserie speziell für Frauen – den sie schließlich zusammen mit einer Kollegin nach Deutschland holte.
Im Zuge dessen entstand auch die Idee für das Winter Camp: „Frauen entschuldigen sich immer dafür, wenn sie etwas nicht so gut können. Das würde ein Mann nie tun. Außerdem neigen wir tendenziell dazu, uns zu unterschätzen. Gemeinsam mit anderen Frauen fällt es leichter, eine neue Sportart wie das Tourengehen auszuprobieren. Es gibt keinen Druck von außen und man fühlt sich sicherer“, so die Veranstalterin Moni Fiedler. Ähnlich sieht es auch Gunther. Auf den Unterschied zwischen einem Camp für Frauen und einem für Männer angesprochen, fällt die Antwort des Guides eindeutig aus: „ Bei den Jungs müsste man als erstes Startnummern verteilen. Die machen eigentlich aus jedem Schmarrn eine Competition. Das ist bei den Mädels ganz anders. Hier haben alle einfach Spaß – selbst wenn die Wetterbedingungen wie jetzt eher bescheiden sind“, so Gunther.
Von Jung bis Alt – die Leidenschaft zum Wintersport verbindet.
Während die Gruppe der Frühanreiserinnen noch beim Frühstück sitzt, trudeln nach und nach auch die restlichen Teilnehmerinnen ein. Das Publikum ist komplett bunt gemischt. Die 18-jährige Leonie ist das Küken in der Runde, während die älteste Teilnehmerin fast 60 Lenze an Lebenserfahrung mitbringt. Im vergangenen Jahr war sogar eine 76-jährige Sportlerin mit von der Partie – die Tante von Bundestrainer Jogi Löw, wie die Wiederholungstäterinnen zu berichten wissen. Aber das Alter spielt beim Women’s Winter Camp ohnehin keine Rolle. Ebenso wenig wie sozialer Status, Beruf oder Familienstand. Die Begeisterung für den Sport und die Lust darauf, das Tourengehen für sich zu entdecken oder die eigene Technik zu verbessern, verbindet einfach. Alle Ladies sind freundlich und offen. Zickenkrieg oder Grüppchenbildung? Fehlanzeige!
Manche Frauen sind mit einer Freundin angereist, um sich eine kleine Auszeit vom stressigen Berufsalltag zu gönnen – so wie Bine und Kristine, die als Chirurgin bzw. Unternehmensberaterin arbeiten, und sich so richtig darauf freuen, in den nächsten Tagen einfach mal die Verantwortung und die Planung abgeben zu können und Zeit für sich und ihre Freundschaft zu haben. Wieder andere kommen direkt als Gruppe. So wie die lustigen „Exil-Schweizerinnen“ Melanie, Lena, Hanna, Kathrin und Juliane, die bereits zum dritten Mal mit von der Partie sind und das Skifahren mit einer großen Portion „Aprés“ verbinden. Wer glaubt, die Mädelsrunde würde lieber unter sich bleiben wollen, der wird schnell eines Besseren belehrt.
Denn untertags fahren die Fünf zumeist in unterschiedlichen Gruppen – je nachdem wer was möchte oder kann – und auch bei der abendlichen Whirlpool-Session sind Neuankömmlinge in der vertrauten Runde gerne willkommen und werden direkt mit einer Tasse Prosecco begrüßt. Und dann gibt es natürlich noch die Riege der Alleinreisenden wie Nicole aus dem Pitztal oder Kathi aus Regensburg. Während sich Nicole eine Mini-Auszeit von ihren vier Kindern gönnt, bereitet sich Kathi auf den anstehenden Skiurlaub mit ihrem Freund vor – vergisst dabei aber zum Glück nicht, dass sie (inoffiziell) als Alleinunterhalterin und Marillenschnaps-Animateurin gebucht wurde. Bunter könnte die Mischung also kaum sein.
Gemeinsam erleben – individuell lernen und gecoacht werden.
So einzigartig die Charaktere, so individuell und persönlich fällt auch die Betreuung beim Women’s Winter Camp aus. Jeden Abend kann man sich aufs Neue entscheiden, wie man den nächsten Tag im Schnee gerne verbringen möchte. Zur Auswahl stehen dabei spezielle Kurse zum Freeriden oder Skitourengehen – jeweils für Anfänger und Fortgeschrittene. Zwei Guides betreuen gemeinsam eine Gruppe mit durchschnittlich acht bis zwölf Teilnehmerinnen. So soll sichergestellt werden, dass auch innerhalb der einzelnen Gruppen die Möglichkeit besteht, auf individuelle Bedürfnisse bzw. Stärken und Schwächen gesondert eingehen zu können. Etwa mithilfe von Videoanalyse auf dem Tablet, bei dem jede Skifahrerin selbst sehen kann, wie sie auf den Brettern steht und wie an der Technik noch gefeilt werden kann.
Aber auch sonst geben die erfahrenen SkilehrerInnen und Bergführer jede Menge hilfreiche Tipps, um sowohl im Aufstieg als auch bei der Schussfahrt ins Tal stets eine gute Figur zu machen. Denn verschiedene Schneebedingungen bzw. Geländearten erfordern eine differenzierte und flexible Skitechnik. Während auf der harten Skipiste mit starkem Kanteneinsatz und hohem Belastungsdruck gearbeitet wird, ist im Tiefschnee eher smoothes Gleiten und Drehen der Ski angesagt. Immer wieder erinnern einen die Guides daher daran, dass die Bewegung möglichst nur in den Beinen stattfinden soll, die Arme locker seitlich nach vorne gehören und der Oberkörper stets in Richtung Tal zeigen sollte.
„Mit Rhythmus geht alles leichter – und es sieht dabei auch noch besser aus“ erklärt Skilehrerin Vreni ihrer Gruppe mit einem Lachen im Gesicht. „Eins, Zwei, Drei, Eins, Zwei, Drei – denkt an eine Melodie oder ein Lied und versucht mit einem gleichmäßigen rhythmischen Bewegungsablauf abzufahren.“ Im Camp geht es aber nicht nur um die richtige Skitechnik abseits der Piste. Auch das Thema Sicherheit wird groß geschrieben. Ergänzend zum Vortrag von Klaus, der die theoretischen Grundlagen der Lawinenkunde vermittelt, geht es für die Teilnehmerinnen natürlich auch direkt ab ins Feld. Ausgestattet mit LVS, Schaufel und Sonde erklären die Bergführer, was im Falle eine Lawinenverschüttung zu tun ist – von der Grobsuche bis hin zum Sondieren. LVS Geräte werden versteckt, gesucht und ausgebuddelt. Die Ladies stapfen konzentriert durch den Tiefschnee – auch wenn der ein oder anderen dabei die Finger einfrieren. Aber Sicherheit muss sein. Und das ist allen bewusst.
Ab in den Schnee – und danach in die Sauna oder zum Partyschirm
Auch wenn es der Wettergott in diesem Jahr nicht ganz so gut mit den Teilnehmerinnen gemeint hat, geben die Frauen im Schnee alles. Spitzkehre, Anfellen, Körperschwerpunkt und Kurveneinleitung – wer glaubt, beim Women’s Camp ginge es skitechnisch nicht zur Sache, der irrt sich gewaltig. Die Einsteiger werden durchaus gefordert und in der Gruppe für Fortgeschrittene ist das Niveau ohnehin recht hoch. Zum Ausgleich für brennende Oberschenkel und schmerzende Waden winken nach „Feierabend“ 1.500 qm Sauna- und Wellnessbereich im Walserhof oder der für manche Ladies obligatorische Marillenschnaps im Partypavillon der Talstation. Ein besonderes Schmankerl hat allerdings Berg- und Skiführer Paul für die Damen seiner Gruppe in der Hinterhand bzw. auf dem Rücken.
Nach dem schweißtreibenden Anstieg dürfen sich die Tourenski-Einsteigerinnen im mitgebrachten „Biwak-Großraum-Zelt“ bei Glühwein erholen, bevor es anschließend im Schneetreiben wieder talwärts geht. Manchmal ist es eben doch ganz nützlich auch ein paar Männer mit dabei zu haben, die selbst mit schwererem Gepäck noch sicher auf ihren Skiern stehen. Eine Erfahrung, die auch Tine aus der Schweiz unfreiwillig sammeln durfte. Nachdem sie sich bei einem unglücklichen Sturz im Tiefschnee das Kreuzband gerissen hatte, nimmt Guide Gunther sie kurzerhand huckepack und fährt so mit ihr gemeinsam die letzten Meter ins Tal. An dieser Stelle nochmals unsere Hochachtung: Gunther, du trägst deinen Spitznamen zweifellos zu Recht!
Women’s Wintercamp – ein Konzept, viele Liebhaberinnen
Verantwortlich für den grandiosen Spaßfaktor beim Women’s Winter Camp ist letztlich aber nicht nur die Tatsache, dass einzigartige Frauen unterschiedlicher Altersklassen gemeinsam ihre Leidenschaft für den Wintersport ausleben. Vielmehr ist es die Mischung aus Erholung, tollem Ambiente, lustigen Guides, neuen Freundschaften und perfekter Organisation mit allem was dazu gehört – von der Goodie-Bag über Obst und Kuchen am Nachmittag hin zur Unterstützung bei der Bildung von Fahrgemeinschaften.
Der eigene Anspruch von Monika Fiedler war es, ein Camp auf die Beine zu stellen, an dem sie als Gast selbst nichts ändern wollen würde. Nach vier Tagen im Women’s Winter Camp können wir genau das nur bestätigen und gratulieren Moni von Herzen zu ihrem rundum gelungenen Konzept! Wir kommen definitiv wieder und freuen uns schon auf das Women’s Bike Camp im Sommer.
Weitere Infos zum Women’s Winter Camp gibt’s auf der offiziellen Website: http://www.womenswintercamp.com/ oder auf Facebook unter: www.facebook.com/WomensWinterCamp